Wüstenschläfer

Der Wüstenschläfer, Orientschläfer, Löffelbilch oder Großohrbilch (Eliomys melanurus) ist ein naher Verwandter des in Mitteleuropa heimischen Gartenschläfers (E. quercinus).
Die Art kommt in Trockengebieten des sogenannten Nahen Ostens vor und ist streng nachtaktiv. Während im deutschsprachigen Raum nur der Frankfurter Zoo Wüstenschläfer zeigt, gibt es einige wenige private Haltungen, die auch erfolgreich züchten. Neben den weithin bekannten Afrikanischen Zwergschläfern (Graphiurus) sind Wüstenschläfer die einzigen exotischen Bilche, die Einzug in die Wohnzimmer gehalten haben.

Biologie

Wüstenschläfer erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 12 bis 17 cm und ein Gewicht von 40 bis etwas über 100 Gramm. Der Schwanz ist fast körperlang. Männchen werden meist etwas größer und kräftiger als die Weibchen. Beide Geschlechter wirken etwas pummeliger als andere Bilcharten. Das kurze und weiche Fell ist überseits hell sandfarben bis nussbraun und unterseits weiß. Die für einige Schläferarten typische Gesichtszeichnung ist auch beim Wüstenschläfer zu finden: rund um die großen schwarzen Augen bis unterhalb der großen hellen Ohren zieht sich eine schwarzbraune Maske. Auch der Schwanz weist eine braunschwarze Quaste auf.

 

Eliomys melanurus hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet von Ägypten über die Arabische Halbinsel bis in die südliche Türkei und wurde auch in Höhen über 2850 m nachgewiesen. Auch wenn der Name Wüstenschläfer auf eine spezielle Anpassung an Wüstenregionen schließen lässt, kommt er in vielen verschiedenen Habitaten vor. Hierzu zählen neben Wüsten und Halbwüsten auch Steppen, Buschland, Gebirgsregionen und vollkommen baumlose Gebiete. Ihr Bestand ist nicht gefährdet.

Dieser Vertreter der Schläfer ist weniger an eine kletternde Lebensweise angepasst als die sehr gewandten Zwergschläfer oder heimische Bilche. Auch die Literatur beschreibt Wüstenschläfer eher als Bodenbewohner, was natürlich auch unmittelbar mit dem Lebensraum zu tun hat, der wenig Büsche und Bäume bietet. Nichtsdestotrotz sind die Tiere in der Lage, schnell und geschickt zu klettern und bevorzugen erhöhte Schlafhöhlen, in denen sie den Tag verbringen.

Wildlebende Wüstenschläfer haben normalerweise einen Wurf pro Jahr. Nach erfolgreicher Paarung dauert die Tragzeit 22 - 28 Tage. In dieser Zeit sucht das Weibchen einen hoch gelegenen Ort um ein rundes, mit Pflanzenmaterial ausgepolstertes Nest zu bauen, welches es vehement gegen Eindringlinge verteidigt. Die zwei bis acht Jungtiere werden kommen nackt, blind und taub zur Welt. Ihre Augen öffnen sich spätestens nach 21 Tagen und nach einer weiteren Woche sind die Jungen entwöhnt. Die Geschlechtsreife tritt mit etwa 10 Monaten ein und die Lebenserwartung beträgt fünf bis über sechs Jahre.

Haltung

Wie auch beim Zwerghamstern, Mäusen, Meerschweinchen und anderen Tierarten gibt es für (Wüsten)schläfer keine konsensuellen Angaben zu Haltungsform, Käfigabmessungen und sonstigen Haltungsbedingungen. Während die einen ihre Tiere einzeln halten und nur zur Paarung zusammen setzen, schwören andere auf dauerhafte Paarhaltung. Im Frankfurter Zoo lebten Ende 2014 sogar mindestens fünf Tiere im Schaugehege.

 

In der privaten Haltung finden sich zudem Unterschiede in den Abmessungen der Terrarien, Käfige und Volieren. Dies beginnt schon mit den Proportionen: Während die einen hohe Volieren verwenden, zeigt eine Halterin in diesem Video einen Käfig mit eher horizontaler Ausdehnung. Da Eliomys melanurus trotz der eher terrestrischen Lebensweise sehr viel klettert und auch erhöhte Schlaf- und Nisthöhlen bevorzugt, sollte die Unterbringung sowohl eine größere Grundfläche als auch eine ausreichende Höhe aufweisen. Denn dass Wüstenschläfer - wie alle Bilcharten - viel Platz benötigen, ist ein Punkt bei dem sich alle Autor_innen einig sind. Bos de Vries & Bos de Vries (2007) empfehlen ebenso wie Ehrlich (2006) die Mindestmaße von 120 x 60 x 100 cm (L x B x H), jedoch ohne Angaben zur Anzahl der darin gehaltenen Tiere. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Angaben auf ein Einzeltier oder ein Paar beziehen. Das nicht unumstrittene Säugetiergutachten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft fordert für mittelgroße Schläferarten die Haltung in Gehegen "deren Fläche für 2 Tiere 1 m² nicht unterschreitet bei einer Höhe von 1m; für jedes weitere Tier sind 0,5 m² Grundfläche mehr erforderlich" (BMEL 2014, S. 135).

 

Mindestens genauso wichtig wie das Volumen des Terrariums oder des Käfigs ist dessen Strukturierung. Die Einrichtung sollte grundsätzlich aus ausreichend vielen Klettermöglichkeiten bestehen. Ich habe anfangs, ausgehend von Zwergschläfern, den Fehler gemacht, die Kletter- und Springfertigkeiten der von E. melanurus zu überschätzen. Zwar bewegten sich die Tiere schnell und sicher auf den angebotenen Ästen von Korkeiche und Apfelbaum, jedoch stürzte das Männchen schon am ersten Tag von den dünneren Haselnusszweigen. Ebenso problematisch waren in der Anfangszeit schaukelnde Hängenester oder biegsame Klettermöglichkeiten. Die Tiere mussten sich erst an diese Art der Einrichtung gewöhnen. Beliebt sind dagegen sandgestrahlte Weinreben und große Steine, die auch auf dem Boden ausreichend Struktur zum Klettern zu bieten. Das Bodensubstrat ist bei dieser Tierart weniger wichtig. Ich verwende Hanfstreu und biete ab und zu eine Ecke mit trockenem Laub oder Heu an, in dem sich Futtertiere verstecken können. Essenziell sind dagegen Nester und Schlafhöhlen. Pro Tier sollte mindestens eine Schlafhöhle erhöht angebracht werden. Der Zoofachhandel bietet viele verschiedene Nistkästen für Vögel von denen sich insbesondere jene für Wellensittiche gut eignen. Korkröhren, Kugel- oder birnenförmige Grasnester zum Aufhängen sind ebenfalls bedingt geeignet, sofern sie nicht zu viele oder zu große Öffnungen haben. Am besten bietet man den Tieren eine größere Auswahl an Verstecken, die die Wüstenschläfer zum Schlafen oder auch zum Fressen aufsuchen. Futter und Wasser können in Näpfen bzw. einer Trinkflasche gereicht werden.

Jungtier
Jungtier

Ernährung

Wüstenschläfer sind omnivore Nagetiere, man geht aber davon aus, dass sie sich in erster Linie von Insekten und anderen Wirbellosen ernähren. Hinzu kommen Wirbeltiere, Eier, Früchte, Nüsse und Samen. Für die private Haltung gibt es unterschiedliche Angaben zur Ernährung. Während die einen empfehlen, ausschließlich Papageienfutter und Obst anzubieten, füttern die anderen Katzendosenfutter. Sistermann (2011) gibt an, Heuschrecken als Grundfutter zu verwenden. Diese Art der Fütterung kann, sofern man nicht sowieso eine aufwändige Heuschreckenzucht betreibt, sehr ins Geld gehen.

Eintagsküken, Salat, Gurke und Trauben
Eintagsküken, Salat, Gurke und Trauben

Es ist ratsam, ein gesundes Mittelmaß zu finden, das auch den individuellen Haltungsbedingungen Rechnung trägt: Alter, Gesundheit und Bewegungsfreude der einzelnen Tiere, Haltungstemperatur und Zuchteinsätze haben unterschiedliche Auswirkungen auf den Energiebedarf der Tiere.

Entsprechend der Empfehlung zweier Züchter, fütterte ich im ersten Jahr als Hauptfutter eine Mischung aus Premium-Papageienfutter, hochwertigem Trockenfutter für Kitten, getrockneten Insekten und Nüssen. Schnell zeigte sich, dass die Schläfer nur die Hälfte des Futters aufnahmen und sich hier ganz auf die Nüsse und Fettsaaten konzentrierten. Mittlerweile wird als Hauptfutter vor allem Light-Trockenfutter für Katzen (36 % Protein, 10 % Fett) angeboten. Zusätzlich erhalten die Tiere Obst und Gemüse in Form von Apfel, Birne, Beerenfrüchten, Feige, Dattel, Granatapfel, Trauben, Gurke, Zucchini und Karotte. Gekeimte Saaten sind ebenfalls beliebt.

Apfel, Walnuss, Mehlwürmer und Katzenfutter
Apfel, Walnuss, Mehlwürmer und Katzenfutter

Ebenso erhalten die Tiere täglich lebende Insekten in Form von Heuschrecken, Grillen, Heimchen, Schokoschaben, Mehlwürmern, Zophobas-Larven und selten Wachsmotten. Auch Eintagsküken, junge Mäuse, Achatschnecken, Hühner- und Wachteleier werden angenommen.

Die Erfahrungen in der Nagerhaltung insgesamt zeigen, dass es am besten ist, möglichst viele verschiedene Futtersorten anzubieten, aus denen die Tiere wählen können. Futterpräferenzen ändern sich nicht allein weil Schläfern plötzlich das eine besser schmeckt als das andere, sondern auch weil sie das aufnehmen, was der Organismus braucht. Wie bei allen trächtigen und säugenden Weibchen ist es auch bei züchtenden Wüstenschläfern ratsam, größere Mengen an proteinhaltiger Nahrung anzubieten.


mehr

BMEL - Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren.

 

Bos de Vries, M. & M. (2007): Woestijnslaapmuis. http://www.exopets.eu/Exopets/Pages/Eliomys%20melanurus%20-%20Woestijnslaapmuis.htm (nicht mehr erreichbar).

 

Ehrlich, C. (2006): Kleinsäuger im Terrarium. Natur und Tier-Verlag.

 

Kräh, S. (2015): Gemeinsame Aufzucht bei Wüstenschläfern. BAG Mitteilungen 3/2015.

 

Sistermann, R. (2011): Haltung von Wüstenschläfern. RODENTIA 62.