Persische Rennmaus

Die Persische Rennmaus (Meriones persicus) ist auch als Persische Rennratte oder Persische Wüstenmaus bekannt. Sie unterscheidet sich von der nah verwandten und als Heimtier weit verbreiteten Mongolischen Rennmaus (Meriones unguiculatus) durch ihre Lebensweise, aber vor allem äußerlich durch ihre Größe, den schlankeren Körperbau und die Fellfärbung. Während sie im Iran schon vorher als Labortier bekannt war, wird die Art in Europa mindestens seit den 1950er Jahren gehalten. Eine größere Studie über das Verhaltensinventar von Nagetieren hat Eibl‐Eibesfeldt 1951 anhand der Beobachtung von Labornachzuchten aus dem Iran veröffentlicht. Die Zoologischen Gärten in London und Berlin erhielten ihre ersten Tiere in den Jahren 1956 und 1959. In der Heimtierhaltung wurde die Persische Rennmaus erst Jahre später bekannt und beliebt. Schmidt (1985) veröffentlicht als einer der wenigen Halter einen Haltungsbericht. Erst nach der Jahrtausendwende erhielt die Haltung und Pflege dieser großen Rennmäuse mit mehreren Veröffentlichungen in Büchern und Magazinen, auf Webseiten und auch mit einem Fernsehbeitrag größere Aufmerksamkeit. Dennoch ist sie gewissermaßen immernoch ein Geheimtipp.

Verbreitung und Lebensraum

Meriones persicus ist vom Kaukasus über den Nordost-Irak und Iran bis nach Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan weit verbreitet und ist insbesondere in einigen iranischen Gebieten die am häufigsten vorkommende Nagetierart. Grundsätzlich bevorzugt die Persische Rennmaus trockene und felsige Gebirgsausläufer und Bergsteppen. Sie wurde schon in Höhen von über 3000 m nachgewiesen. (vgl. Molur & Sozen 2016)
In der Region um Teheran waren die Tiere Mitte des letzten Jahruhunderts auch in den Ebenen zu finden. (vgl. Eibl‐Eibesfeldt 1951)

Biologie

Die Persische Rennmaus erreicht nach Grimmberger & Rudloff (2009) eine Kopf-Rumpf-Länge von 14,9 - 16,4 cm bei einer Schwanzlänge von bis zu 19 cm. Das Gewicht liegt bei 90 - 122 g. Das Fell ist kräftig gelb- bis rotbraun mit schwarzen Haarspitzen und mittelgrauer Basis. Die Körperseiten sind etwas heller, der Bauch ist weiß und scharf von den Flanken abgegrenzt. Über den Augen findet sich jeweils ein weißer Fleck. Der Schwanz ist dicht behaart und endet in einer sepiafarbenen buschigen Quaste. Die Ohren und Augen sind vergleichsweise groß. (vgl. ebd.)

Molur & Sozen (2016) beschreiben die Persische Rennmaus kurz und knapp als nachtaktiv, bodenbewohnend, gesellig und omnivor. Die Tiere verbringen den Tag in Erdbauten, sie sie vor allem unter großen Steinen und in grasbewachsenen Hängen anlegen (vgl. Grimmberger & Rudloff 2009). Die Baue haben mehrere Eingänge, viele Röhren und mindestens eine Nestkammer (vgl. Eibl‐Eibesfeldt 1951).  Mit der Dämmerung gehen sie auf Futtersuche und bewegen sich nach Sistermann (2007) sehr sicher kletternd und springend zwischen Felsen und Steinen. Dagegen beschreibt Eibl‐Eibesfeldt (1951) eher mäßige Kletterfertigkeiten bei den von ihm beobachteten Tieren. Die Nahrungssuche im Freiland findet zu großen Teilen grabend statt (vgl. ebd.) und es werden Vorräte in Form von Samen, Gräsern und anderen Pflanzenteilen in den Bau eingetragen (vgl. Grimmberger & Rudloff 2009).

 

Die wohl umfangreichsten Beobachtungen zu Meriones persicus in Menschenhand hat Eibl‐Eibesfeldt (1951) angestellt. Er konnte bei seinen Persischen Rennmäusen sämtliche typischen Verhaltensweisen von Säugetieren allgemein und Nagetieren im Besonderen beobachten. Für Meriones-Arten bezeichnete er eine als "Häckseln" bezeichnete Abwandlung des Nagens als für die Gattung typische Instinkthandlung. Hierbei wird Grünfutter zur Bevorratung in kleine Stücke zernagt und anschließend im Bau mithilfe der Schnauze zusammengepresst. Als übliche Art der Fortbewegung wird das "Hoppeln", ähnlich wie beim Eichhörnchen beschrieben. Besondere Bedeutung hat das Scharren und Graben, das die Tiere vor allem bei der Nahrungssuche zeigen. Schon Jungtiere üben sehr ausdifferenzierte Kampfspiele ein. Die im Familienverband überaus geselligen Tiere verhalten sich, wie viele soziale Arten, gegenüber fremden Artgenossen feindselig und territorial. (vgl. ebd.)

Haltung

Nicht nur aufgrund ihres attraktiven Aussehens und des interessanten Verhaltensrepertoires sind Persische Rennmäuse in den letzten Jahren als Heimtiere beliebt. Sie werden zudem sehr zahm und die Haltung bereitet nach Eibl‐Eibesfeldt (1951) auch insgesamt keinerlei Schwierigkeiten. Er hielt ein Männchen mit zwei Weibchen in einem Terrarium von 70 x 35 cm Grundfläche, stellte jedoch insbesondere bei Jungtieren ab der 8. Lebenswoche Verhaltensstereotypien, wie das bei vielen Rennmäusen bekannte Scharren in den Ecken, fest (vgl. ebd.). Gleiche Angaben zur Grundfläche bei einer Höhe von 40 cm macht Schmidt (1985).

 

Neuere Literatur erkennt bei Meriones persicus einen weitaus größeren Platzbedarf. Buyken & Puchala (2003) gehen von 0,5 bis 0,6 m² bei einer Höhe von 50 cm für zwei Tiere aus. Ehrlich (2006) empfiehlt ein Terrarium mit den Abmessungen von mindestens 120 x 50 x 70 cm (siehe auch Ehrlich 2005: 150 x 50 x 80 cm).

Sistermann (2007) nennt eine Fläche von mindestens 1 m² bei einer Höhe von 120 - 150 cm. (siehe auch Herting 2001). Niklaus (2010) beschreibt die Haltung in einem Terrarium mit den Abmessungen 120 x 60 x 120 cm und gibt 100 x 60 x 60 cm als Minimum an. Aus dem Säugetiergutachten des BMEL (2014) sind Persische Rennmäuse explizit ausgenommen, jedoch wird für große Rennmäuse eine Fläche von 0,75 m² verlangt. Insgesamt empfiehlt sich ein Terrarium mit großer Grundfläche und der Möglichkeit, sowohl viel Bodengrund einzufüllen als auch den Rennmäusen die Gelegenheit zum Klettern zu geben.

Entsprechend dem ausgeprägten Bedürfnis zu graben und zu scharren, kommt dem Bodengrund eine besondere Bedeutung zu. Eibl‐Eibesfeldt (1951) und Schmidt (1985) verwenden Hobelspäne. Buyken & Puchala (2003) empfehlen ebenso wie Ehrlich (2006) Kleintierstreu. Nach Niklaus (2010) sind Hanfstreu oder Holzpellets geeignet und sollten etwa 20 cm hoch eingestreut werden. Wie bei vielen wühlenden Arten sollte das Bodensubstrat so gewählt werden, dass gegrabene Gänge nicht sofort wieder einstürzen. Bei einer Mischung aus Hanfstreu, Heu und Baumwollstreu können die Tiere einen haltbauen Bau anlegen. Je höher der Bodengrund ist, desto besser. Sämtliche Quellen betonen die Wichtigkeit eines Sandbads (siehe v. a. Sistermann 2007 sowie Buyken & Puchala 2003). Eine Schale mit Chinchillasand wird ausgiebig zum Staubbaden genutzt. Gerade für das Aufstellen des Sandbads ist es von Vorteil, ein erhöhtes Brett anzubringen, auf dem die Schale nicht mit Streu zugescharrt werden kann.

 

Die weitere Einrichtung sollte nach Sistermann (2007) aus Unterschlupf- und Klettermöglichkeiten bestehen. Er verweist auf Steinaufbauten, die dem Biotop im Freiland entsprechen. Ehrlich (2006) nennt darüber hinaus Seile und starke Äste. Buyken & Puchala (2003) zählen zusätzlich Korkröhren und Wurzeln auf. Zweige von Obstbäumen werden genauso wie Eierkartons zernagt und sollten regelmäßig angeboten werden (vgl. ebd.).

Als Nistmaterial eignen sich nach Ehrlich (2006) Heu und Zellstoff, Sistermann (2007) ergänzt Stroh und sogar Hundehaar. Laufräder oder Laufteller werden von vielen Nagetieren gerne genutzt (vgl. Kräh 2017). Entsprechend der  Gesamtlänge der Rennmäuse eignet sich ein Laufteller aus Metall für Chinchillas am besten. Ansonsten eignen sich zutrauliche Persische Rennmäuse auch gut für den Freilauf im abgesicherten Zimmer. Die Tiere bewegen sich meist sehr selbstbewusst im ganzen Raum und genießen die Ausflüge außerhalb des Terrariums.

Ernährung

Ebenso wie Molur & Sozen (2016) beschreibt schon Schmidt (1985) die Persische Rennmaus als Allesfresser. Die von ihm gehaltenen Tiere erhielten Hafer, Sonnenblumenkerne, Mehlwürmer, Karotten und etwas Kohl. Auch Gerste, ein bei anderen Tierarten eher weniger beliebtes Getreide, wurde von den Persischen Rennmäusen gerne genommen. Eibl‐Eibesfeldt (1951) fütterte neben Rüben, Grünfutter und Mehlwürmern auch "Hafer und Sonnenblumen", wobei nicht hervorgeht, ob hier die ganze Pflanze oder lediglich die Samen gemeint sind. Tiere im Schulzoo Leipzig (2000) erhielten Waldvogelfutter, Obst und Gemüse. Herting (2001) empfiehlt Hamsterfutter oder Meerschweinchenfutter, das unbedingt durch tierisches Eiweiß ergänzt werden sollte ebenso wie Früchtemüsli ohne Zusätze.

Ehrlich (2006) verweist auf im Handel erhältliches Rennmausfutter, Gemüse, Äpfel, Gräser und Kräuter. Ebenso sollen Insekten oder Katzentrockenfutter gereicht werden. Mit dem Verweis auf mögliche Organschäden sowie Unfruchtbarkeit empfiehlt Sistermann (2007) eine fettarme Fütterung mit Exotenfutter und Kanarienfutter, dem Ei- und Insektenfutter für Ziervögel beigemischt werden. Selbst normales Rennmausfutter sei zu nährstoffreich. Lebende Insekten könnten mindestens einmal wöchentlich gegeben werden. Wasser wird kaum aufgenommen, solle aber zur Verfügung stehen (vgl. ebd.). Eine umfangreiche Fütterungsempfehlung bieten Buyken & Puchala (2003), die pro Rennmaus täglich zwei Teelöffel Wellensittichfutter gemischt mit Kanarienvogelfutter und getrocknetem Gemüse reichen. Zusätzlich erhalten die Tiere Heu, Wurzelgemüse und lebende Insekten. Einmal wöchentlich  werden zudem gekeimte Samen und Blütenpollen angeboten.

 

Zwar neigen Persische Rennmäuse bei fettarmer Ernährung mit ausreichend Frischfutter und Proteinen nicht zum Übergewicht, dennoch sollte das Futter täglich rationiert werden: Sämtliche Quellen verweisen auf die darauf, dass Meriones persicus Vorräte anlegt. Eine regelmäßige Kontrolle der Futterlager ist daher ebenso sinnvoll.

Zucht

Die Zucht Persischer Rennmäuse wird von Ehrlich (2006) als nicht immer einfach beschrieben, ähnlich äußert sich Sistermann (2007). Herting (2001) nennt als einen möglichen Grund die Haltung in zu kleinen Behältnissen (siehe auch Buyken & Puchala 2003). Teilweise pflanzt sich Meriones persicus erst im Alter von etwa einem Jahr fort, Sistermann (2007) berichtet jedoch auch von Weibchen, die im Alter von 12 Wochen bereits Jungtiere zur Welt brachten. Es ist ratsam, Tiere erst für die Zucht einzusetzen, wenn sie annähernd ausgewachsen sind. Harmonierende Paare pflanzen sich vor allem im Frühjahr und Sommer fort (vgl. Ehrlich 2006). Jährlich werden nach Sistermann (2007) 1 - 2 Würfe geboren.

 

Der eigentlichen Paarung geht nach Eibl‐Eibesfeldt (1951) zunächst das Verfolgen des Weibchens durch das Männchen voran. Die Paarungen werden häufig wiederholt. Nach erfolgreicher Begattung dauert die Tragzeit etwa 28 Tage (vgl. Ehrlich 2006). Das Weibchen baut das Wurfnest in den Tagen vor der Geburt weiter aus und verbannt das Männchen. Es werden bis zu 10 Welpen geboren (vgl. ebd.; Herting 2001 zählte durchschnittlich 4 - 8).

Typisch für Mäuseartige sind die durchschnittlich 5,5 g schweren Neugeborenen nackt, blind, taub und vollkommen hilflos. In der ersten Woche entwickeln sich lokomotorische Fähigkeiten und die Tiere nehmen an Gewicht zu. In diesem Zeitraum wird auch das Männchen wieder im Nest geduldet. Das Fell bricht etwa am 7. Tag durch die Haut. Solange die Jungtiere noch im Nest verbleiben, verschließen die Eltern den Eingang beim Verlassen des Baus. Etwa am 13. Tag ist das Fell annähernd ausgebildet und die Welpen kriechen sehr aktiv im Nest umher. Die Augen öffnen sich etwa am 16. Lebenstag und die Jungen bewegen sich nun auch außerhalb des Nestes. Hierbei nehmen sie auch vermehrt feste Nahrung auf. (vgl. Eibl‐Eibesfeldt 1951).

 

Nach Buyken & Puchala (2003) werden Jungtiere teilweise bis zum Alter von 5 Wochen gesäugt und sollten mindestens bis zur 8. Lebenswoche bei den Eltern bleiben.


Zitationsvorschlag für diesen Artikel:
Kräh, S. (2020): Persische Rennmaus. https://ratfrett.jimdofree.com/tiere/persische-rennm%C3%A4use/


mehr

BMEL. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren. https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Tierschutz/HaltungSaeugetiere.pdf?__blob=publicationFile&v=7

 

Buyken, A. & Puchala, B. (2003): Persische Rennmäuse (Meriones persicus). Die großen Rennmäuse brauchen Platz und Zuwendung. RODENTIA 16, November/Dezember 2003, S. 38 - 41.

 

Ehrlich, C. (2005): Die Persische Rennmaus (Meriones persicus). RODENTIA 27, September/Oktober 2005, S.31 - 34.

 

Ehrlich, C. (2006): Kleinsäuger im Terrarium. Natur und Tier-Verlag.

 

Eibl‐Eibesfeldt, I. (1951): Gefangenschaftsbeobachtungen an der persischen Wüstenmaus (Meriones persicus persicus Blanford): Ein Beitrag zur vergleichenden Ethologie der Nager. Zeitschrift für Tierpsychologie 8 (3). S. 400 - 423. https://doi.org/10.1111/j.1439-0310.1951.tb00182.x

 

Grimmberger, E. & K. Rudloff (2009): Atlas der Säugetiere Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Natur und Tier-Verlag.

 

Herting, M. (2001): Persische Rennmaus. Haltung und Zucht von Meriones persicus. RODENTIA 1, Mai/Juni 2001, S. 64 - 65.

 

Kräh , S. (2017): Laufrad. Machen oder lassen? https://ratfrett.jimdo.com/2017/02/22/laufrad-machen-oder-lassen/

 

Molur, S. & Sozen, M. (2016): Meriones persicus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T13166A22433231. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-2.RLTS.T13166A22433231.en. (Letzter Abruf: 13.12.2020)

 

Niklaus, M. (2010): Ein Heim aus Glas. Die Pflege Persischer Rennmäuse im Nagerterrarium. RODENTIA 56, Juli/August 2010. S. 24 - 27.

 

Schmidt, G. (1985): Hamster, Meerschweinchen, Mäuse. Ulmer Verlag.

 

Schulzoo Leipzig (2000): Die Persische Rennmaus. www.schulzoo.de/homepage/2/homepage/tierreporte/perser.htm (Letzter Abruf: 17.12.2020)

 

Sistermann, R. (2007): Persische Rennmaus. http://rodent-info.net/persische_rennmaus_allgemeines.htm