Tüpfelstreifengrasmäuse
Die Tüpfelstreifengrasmaus, Tüpfelgrasmaus oder Echte Streifengrasmaus (Lemniscomys striatus) ist eine mittelgroße Mäuseart aus Zentral- und Westafrika. Zwar ist sie vereinzelt in der Heimtierhaltung zu finden, steht aber nach wie vor im Schatten der häufiger gehaltenen Vielstreifengrasmaus (Lemniscomys barbarus). Beide Arten sind schon mindestens seit Ende der 1970er Jahre als Terrarientiere bekannt, jedoch ließ sich die Tüpfelgrasmaus in der Vergangenheit nicht so leicht nachzüchten wie L. barbarus und hat damit auch an Bedeutung eingebüßt.
Biologie
Tüpfelstreifengrasmäuse sind eher große Mäuse und erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 9,5 - 14,5 cm. Der Schwanz ist mehr als körperlang. Das Durchschnittsgewicht in Freiheit liegt bei 42,3 Gramm, in der Heimtierhaltung werden die Tiere oft über 60 Gramm schwer. Der Körperbau wirkt muskulös und seitlich abgeflacht, wie es auch bei anderen Grasmäusen und Grasratten der Arvicanthis-Gattungsgruppe zu beobachten ist. Das Gesichtsprofil ist geschwungen, die Schnauze spitz, die Augen mittelgroß und dunkel. Die mittelbraunen Ohren sind kreisrund. Charakteristisch ist die Zeichnung: Auf der Körperoberseite ist das dunkel graubraune Fell entlang der Körperachse von hellbraunen Streifen und Punktketten durchzogen. Der Aalstrich ist braunschwarz. Der Bauch ist gelblich weiß. Die Füße sind mittelbraun, der Schwanz ist oberseits dunkel und unterseits hellbraun.
Unterschied zur Vielstreifengrasmaus
Neben der Tüpfelzeichnung die der Vielstreifengrasmaus vollkommen fehlt, lassen sich die beiden Arten auch anhand der Größe und des Körperbaus unterscheiden. Die Tüpfelstreifengrasmaus wird etwa 20% größer und 25% schwerer, der Körperbau ist bei L. striatus massiger und wirkt bei L. barbarus mehr seitlich abgeflacht. Die Ohren sind bei der Tüpfelgrasmaus sehr rund und bei der Vielstreifengrasmaus eher tütenförmig (siehe auch die Unterscheidung von Neumanns Grasratte und Nilgrasratte, Gattung Arvicanthis). Das Profil wirkt bei L. striatus besonders an Stirn und Nase geschwungener.
Verbreitung und Lebensraum
Lemniscomys striatus ist in sechs verschiedenen Unterarten in weiten Teilen Zentral- und Westafrikas verbreitet. Der bevorzugte Lebensraum sind baumlose bzw. entwaldete Gebiete: Savannen, Grasland, Kulturland, teilweise aber auch Sekundärwald bis zu 1700 m Höhe. Die Population ist stabil und nicht gefährdet. (vgl van der Straeten et al. 2016)
Lebensweise
Tüpfelstreifengrasmäuse sind ausgesprochene Bodenbewohner. Zwar können die Tiere klettern und graben, tun dies jedoch eher selten. Die geselligen Tiere bewegen sich zur Futtersuche tagsüber auf ausgetretenen Pfaden durch das hohe Gras und ziehen sich abends in oberirdische Grasnester zurück. Selten werden andere Nachtlager wie etwa Erdbaue oder Felsspalten genutzt. Die Ernährung ist in erster Linie vegetarisch: Samen und grüne Pflanzenteile von Gräsern und Kräutern werden von Kleininsekten und Spinnentieren ergänzt.
Haltung
Die Haltung kann paarweise oder in kleinen Gruppen stattfinden. 1,2 hat sich bei mir als sehr harmonisch erwiesen. Die Tiere sind mäßig aktiv, ihre Aktivtätszeit verbringen sie mit der Futtersuche und dem Einbringen von Nistmaterial. Dieses wird mit den Zähnen fein zerschlissen und zur inneren Polsterung des Nestes verwendet. Bei plötzlichen Störungen können einzelne Mäuse schreckhaft reagieren und suchen mit ungeahnter Geschwindigkeit das nächstgelegene Versteck auf. Haben sich die Tiere jedoch an ihre Umgebung und ihre Menschen gewöhnt, sind sie sehr gelassen und gut zu beobachten. Ein Terrarium für ein Paar oder eine kleine Gruppe sollte mindestens mit 80 - 100 cm Kantenlänge aufweisen. Für größere Gruppen empfiehlt sich eine entsprechend größere Fläche. Da die Tiere kaum klettern, reicht eine Höhe von 40 - 50 cm vollkommen aus.
Der Bodengrund kann aus Holz-, Hanf- oder Leinstreu bestehen; manche Halter_innen verwenden ein Gemisch aus Erde und Sand. Ein Teil der Fläche sollte mit einer Schicht Heu bedeckt werden. Die Tüpfelgrasmäuse legen darin Tunnel und ein rundes Nest an. Angebotene Tontöpfe und Holzhäuser werden zwar immer wieder aufgesucht und inspiziert, jedoch bevorzugen meine Tiere ihre selbst gebauten Verstecke und nutzen Häuser und andere erhöhte Einrichtungsgegenstände eher als Aussichtspunkt. Hierfür eignen sich große Wurzeln, sandgestrahlte Weinreben oder Korkäste. Künstliche Tunnel aus Papprollen oder Grasgeflecht werden teilweise angenommen und mit der Zeit zernagt.
Bei wenigen Tieren auf größerer Fläche hält sich der Pflegeaufwand in Grenzen. Tüpfelgrasmäuse suchen sich einen oder mehrere feste Plätze an denen sie Urin abgeben. Diese können alle paar Tage gereinigt werden. Dennoch ist es wichtig, regelmäßig den Bodengrund auszutauschen und auch den Rest des Terrariums zu reinigen. Auch wenn sie nicht beißen, sich nach ausreichender Gewöhnung sogar berühren lassen und man die Tüpfelgrasmäuse leicht an der Schwanzwurzel hochheben kann, sind es dennoch Wildtiere die nicht wirklich zahm werden. Die manchmal schreckhaften Mäuse auf der flachen Hand zu halten kann dazu führen, dass sie sich verletzten, wenn sie kopflos aus großer Höhe wegspringen. Auch der Freilauf im abgesicherten Zimmer sollte nicht mit einer Verfolgungsjagd enden.
Ernährung
Die Fütterung von Tüpfelstreifengrasmäusen ist sehr einfach. Manche Halter_innen füttern Farbmaus- oder Rennmausfutter, was jedoch auch zu Verfettung führen kann. Hier ist es wichtig auf die Inhaltsstoffe zu achten. Ich verfüttere eine Mischung aus Wellensittichfutter, Kanarienfutter und Grassamen, angelehnt an das Futterkonzept von Sistermann (2007). Hinzu kommen Getreide, getrocknete Insekten und getrocknete Ringelblumenblüten. Ein großer Esslöffel pro Tag reicht für drei Tiere. Das Grünfutter besteht aus frischem Gras, Kräutern und gekeimten Samen. Diese Sorten werden Gemüse vorgezogen.
Tüpfelgrasmäuse brauchen sehr viel Flüssigkeit. Trotz täglicher Gabe von Frischfutter ist es deshalb unabdingbar stets Wasser in einer Schale oder Kleintiertränke anzubieten.
Fortpflanzung
Lemniscomys striatus gilt seit jeher als heikel in der Nachzucht. Paare und Gruppen leben teilweise ein ganzes Leben lang zusammen, ohne dass sich eine Trächtigkeit feststellen lässt. Insgesamt galt die Tüpfelgrasmaus lange Zeit als Spätzünder, jedoch zeigen die Zuchterfolge mit weniger als vier Monate alten Individuen, dass nicht nur Männchen sondern auch Weibchen bereits mit 12 Wochen geschlechtsreif sein können. In diesem Alter lassen sich die ersten Paarungen beobachten, auch wenn diese oftmals zu nichts führen. Bei geglückter Befruchtung dauert die Tragzeit 21 bis 25 Tage. Durchschnittlich kommen vier bis fünf (Schumacher 2004) nackte, taube und blinde Junge zur Welt*. Die Jungen werden etwa vier Wochen gesäugt und sind mit spätestens 30 Tagen komplett entwöhnt. Einige Züchter_innen empfehlen, die Jungtiere direkt nach der Entwöhnung oder spätestens bei einem erneuten Wurf von den Eltern zu trennen.
* Die Betrachtung von 16 Würfen von 7 Muttertieren ergab bei mir andere Ergebnisse: Es wurden 1 bis maximal 4 Jungtiere aufgezogen. Insgesamt waren es 36 Junge.
44= {1;1;2;2;2;2;3;3;3;3;3;3;4;4;4;4}
Durchschnitt: 2,75
Median: 3
Modus: 3
Die ermittelten Werte liegen deutlich hinter der Angabe von Schumacher und auch der von AnAge (Durchschnitt 5,54).
Zitationsvorschlag für diesen Artikel:
Kräh, S. (2014): Tüpfelgrasmäuse. https://ratfrett.jimdofree.com/tiere/tüpfelgrasmäuse/
mehr
http://genomics.senescence.info/species/entry.php?species=Lemniscomys_striatus
http://de.wikipedia.org/wiki/Kusuratten#Systematik (Arvicathis-Gruppe)
Schumacher, S. (2004): Tüpfelgrasmaus Lemniscomys striatus. http://rodent-info.net/tuepfelgrasmaus_allgemeines.htm
Sistermann, R. (2007): Futterkonzept. http://www.rodent-info.net/futterkonzept.htm#8.1
van der Straeten, E.; Decher, J.; Corti, M. & Abdel-Rahman, E.H. (2016). Lemniscomys striatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T11495A134928061. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T11495A22439555.en. (Letzter Abruf: 13. Februar 2021)