Mongolische Rennmäuse
Biologie
Die Mongolische Rennmaus (Meriones unguiculatus) wurde vor etwa 150 Jahren in der Mongolei entdeckt. Es handelt sich um eine relativ häufig vorkommende Art aus der Unterfamilie der Rennmause (Gerbillinae). Anders als bis vor kurzem noch angenommen, wird diese Tiergruppe nicht mehr zur Verwandtschaft der Wühler (Cricetidae) gezählt, wie etwa Wühlmäuse oder Hamster, sondern scheint nach aktuellem Stand zu den Langschwanzmäusen (Muridae) zu gehören. Ihr Verbreitungsgebiet ist dem des Campbell-Zwerghamsters sehr ähnlich: Das natürliche Habitat sind die Steppen und Halbwüsten, aber auch Kulturland in der Mongolei, China, Mandschurei und Südsibirien. (vgl. Batsaikhan, N. & K. Tsytsulina 2016)
Die gesellige Rennmaus bewohnt in Familienverbänden und Kolonien große, selbst angelegte Bauten. Teilweise nutzen sie (wie auch Campbell-Zwerghamster) die Tunnelsysteme der Brandts Steppenwühlmaus (Lasiopodomys brandtii). Durchschnittlich verfügt ein Bau über ein fünf bis sechs Meter langes Gangsystem und fünf bis zehn Eingänge. Die ganze Familie schläft in der einzigen Nestkammer, Futtervorräte werden in gesonderten Kammern gelagert. Als Bewohner offener Gebiete hat die Mongolische Rennmaus ein sehr großes Gesichtsfeld mit ausgeprägtem Nachtsehen, aber auch ein sehr gutes Gehör. Sie entfernt sich nie weit von einem Höhleneingang oder anderen Deckungsmöglichkeiten, um beim geringsten Verdacht auf Gefahr blitzschnell darin zu verschwinden.
Während die wilde Mongolische Rennmaus eine Kopf-Rumpf-Länge von 10 – 12,5 cm (Fryatt-Gulotta 1971) bei einem Gewicht von 60 g aufweist, sind die Tiere in der Heimtierhaltung größer und schwerer. Yousef (2004) nennt ein Gewicht von 90 – 100 g. Rennmäuse aus der Showzucht sind teilweise mehr als doppelt so groß und doppelt so schwer (120 – 150 g) wie ihre wilden Verwandten. Der Schwanz ist fast körperlang. In ihrer Heimat gilt die Mongolische Rennmaus als Schädling und Krankheitsüberträger, ist in ihrem Bestand aber trotz Bekämpfung nicht gefährdet (Batsaikhan & Tsytsulina 2016). Weibchen sind im Alter von acht Wochen geschlechtsreif, Männchen vier Wochen später. Nach einer Tragzeit von 23 bis 26 Tagen kommen durchschnittlich fünf bis sechs nackte und blinde Junge zur Welt. Die Haarspitzen treten am vierten Lebenstag durch die Haut, nach fünf Tagen öffnen sich die Ohren, nach zweieinhalb Wochen die Augen. Der Wurf wird etwa vier Wochen von der Mutter gesäugt. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Gefangenschaft beträgt drei bis vier Jahre, es wurde ein Höchstalter von 6,3 Jahren dokumentiert.
Haltung
1935 wurden erstmals zwanzig Paare der Mongolischen Rennmaus wild gefangen und in einem japanischen Institut weitergezüchtet. Nachkommen aus diesem Bestand gelangten in den 50er Jahren in eine Versuchstierzucht in New York und von dort aus in die Heimtierhaltung. In Europa wurde mit der Versuchstierhaltung von Rennmäusen 1964 in England begonnen. Die Universität von Birmingham erhielt eine Kolonie aus den USA. Von da aus verbreitete sich die Rennmaus sehr schnell als beliebtes Versuchs- und Heimtier. Jährlich werden Hunderttausende für die Forschung in unterschiedlichsten Disziplinen verwendet. 1995 wurden weitere Tiere in der Mongolei gefangen und erfolgreich nachgezüchtet. (siehe auch Alderton 1995, S. 47f.; Schulze-Sievert 2002, S. 41f.)
In der Haltung als Heimtier gilt die Rennmaus auch heute noch als genügsam und anspruchslos. Glücklicherweise gibt es mittlerweile, wie auch bei anderen Kleintieren, ein fortschreitendes Umdenken, was die Haltungsbedingungen angeht. Besonders wichtig ist für die soziale Tierart die Haltung von mindestens zwei Individuen oder einer kleinen Gruppe. Das Terrarium oder Aquarium mit Gitterdeckel sollte für zwei Tiere mindestens 80 cm Kantenlänge aufweisen. Bei der Haltung von mehr Tieren sollte eine entsprechend größere Fläche zur Verfügung stehen. Die Einrichtung sollte mit Höhlen, Klettermöglichkeiten und Aussichtspunkten strukturiert sein. Da Rennmäuse viel Zeit mit dem Bau und der Erweiterung von Tunnelsystemen verbringen, sollte der Bodengrund möglichst hoch eingestreut werden und so stabil sein, dass Gänge nicht sofort einstürzen. Hierfür eignet sich beispielsweise eine Mischung aus Hanf- oder Holzstreu und Heu. Ebenso können auch weitere Substrate (Zellulosestreu, Maisspindelgranulat, Rindenmulch, Stroh) hinzugefügt werden. Wichtig ist auch eine Schale mit Chinchillasand, der der Körperpflege und dem Stressabbau dient. Für das Wohlbefinden der Rennmäuse sind ausreichende Möglichkeiten, dem Nagetrieb gerecht zu werden ebenso essentiell. Hierzu eignen sich frische Apfel-, Hasel-, Weiden- und Birkenzweige, aber auch Papprollen und Eierkartons.
Ernährung
Wilde Mongolische Rennmäuse ernähren sich je nach Lebensraum von Saaten und im Sommer bevorzugt von grünen Pflanzenteilen. Hierzu gehören Samen, Stängel, Blätter und Knospen von Beifuß, Hanf, Buchweizen, Salzkraut, verschiedene Hirsearten, Wermut und Gänsefußgewächsen. Auf Kulturland werden neben Getreide auch Feldfrüchte aufgenommen. Samen und Getreideähren, teilweise auch Wermutzweige und Sprossen verschiedener Kräuter werden als Wintervorrat gesammelt und eingelagert. (siehe auch Schulze-Sievert 2002, S. 50f.)
In der Heimtierhaltung nehmen die Tiere etwa 8 – 10 Gramm Futter am Tag auf. Große Showzucht-Tiere benötigen mehr. Nach dem vielbeachteten Futterkonzept von Sistermann (2004) besteht die ideale Grundmischung für Mongolische Rennmäuse aus folgenden Zutaten:
Wellensittichfutter | 50% |
Grassamen | 30% |
Kanarienfutter | 20% |
Dieser Mischung können verschiedene andere Bestandteile wie Buchweizen, Hafer, Hanf, getrocknete Kräuter usw. beigefügt werden.
Als Frischfutter eignet sich, wie bei Zwerghamstern und anderen Steppenbewohnern auch, verschiedenes Wurzelgemüse. Da Rennmäuse selten anfällig für Diabetes sind, können neben den zuckerarmen Sorten wie Schwarzwurzel und Petersilienwurzel auch Karotte und Rote Beete gefüttert werden. Ebenso geeignet sind Gräser, Kräuter und Salat wie etwa Löwenzahn, Hirtentätschel und Salat. Frisch gekeimtes Körnerfutter wird gerne angenommen. Auch wenn regelmäßig viel Frischfutter angeboten wird, sollte dennoch immer Wasser in einer Trinkflasche angeboten werden. Sistermann (2004) empfiehlt für die Proteinversorgung, jedem Tier wöchentlich entweder zwei Mehlwürmer, zwei Heimchen oder auch einen Teelöffel Insekten- bzw. Eifutter zu reichen.
Zitationsvorschlag für diesen Artikel:
Kräh, S. (2009): Monglische Rennmäuse. https://ratfrett.jimdofree.com/tiere/mongolische-rennm%C3%A4use/
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Alderton, D. (1995): Hamster & kleine Nager. Kynos Verlag
Batsaikhan, N. & K. Tsytsulina (2016): Meriones unguiculatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T13171A115110851. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T13171A22432999.en.
Fryatt-Gulotta , E. (1971): Meriones unguiculatus. Mammalian Species (3). S. 1–5. https://doi.org/10.2307/3503988
Schulze-Sievert, U. E. (2002): Ein Beitrag zur tiergerechten Haltung der Mongolischen Wüstenrennmaus anhand der Literatur. http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/schulze-sievertu_2002.pdf
Sistermann, R. (2004): Futterkonzept. http://www.rodent-info.net/futterkonzept.htm
Yousef, S. (2004): Mongolische Rennmaus. http://rodent-info.net/mongolische_rennmaus_allgemeines.htm