Wüstenschläfer (Eliomys melanurus) sind zwar schon lange in der Heimtierhaltung bekannt, stehen jedoch schon immer im Schatten der eher verbreiteten Afrikanischen Zwergschläfer (Graphiurus). Dies kann auch mit der Größe der Tiere und dem entsprechenden Bedürfnissen an Platz und Ernährung zusammenhängen. Jedoch ist die niedrigere Vermehrungsrate der Wüstenschläfer ebenfalls ein Faktor, der die Tiere selten und oft auch vergleichsweise teuer bleiben lässt. In diesem Jahr ist mir zum ersten Mal die Nachzucht gelungen. Da es unterschiedliche Ansichten zur Aufzucht gibt, die entweder die Trennung der Elterntiere oder das Belassen des Männchens bei der Mutter empfehlen, will ich hier meine Erfahrungen diesbezüglich veröffentlichen.
Ende 2014 habe ich ein junges Paar Wüstenschläfer erhalten. Die Tiere waren bereits aneinander gewöhnt und haben gerade das fortpflanzungsfähige Alter erreicht. Die Bilche sind gemeinsam in einem
hohen Terrarium untergebracht, das neben vielen Klettermöglichkeiten auch mehrere Verstecke bietet. Zwar haben Männchen und Weibchen die meiste Zeit gemeinsam im gleichen Nistkasten geschlafen,
jedoch gab es auch immer wieder kurze Perioden während denen das Männchen tagsüber ein anderes Schlafversteck aufsuchte. Deshalb habe ich mir zunächst auch keine Gedanken gemacht, als dies
plötzlich zum Dauerzustand wurde. Da das Männchen in Gegenwart von Menschen deutlich entspannter ist als das Weibchen, haben sich die Tiere von Beginn an kaum gemeinsam draußen gezeigt. Er war
schon ab 22 Uhr bei der Nahrungssuche zu beobachten, sie folgte erst spät nach Mitternacht, wenn sich niemand mehr im Raum befand. Seinen Höhepunkt fand dieser Zustand etwa Anfang des Jahres, als
das Weibchen teilweise tagelang nicht zu sehen war. In den seltenen Momenten, in denen es sich draußen aufhielt, war es mit Wasseraufnahme und der schnellen Beschaffung von Nahrung beschäftigt.
Bei zufälligen Begegnungen mit dem Männchen wurde dieses sofort attackiert, sodass es sich in eine nur von ihm genutzte Graskugel zurückzog. Zwar waren bereits vorher kaum Interaktionen zwischen
den Tieren zu beobachten, jedoch war das Zusammenleben des Paares nun eher als ein Nebeneinander-her-Leben zu interpretieren. Wären die Spannungen stärker gewesen, hätte ich eine Trennung
erwogen.
Im Februar bot sich die Gelegenheit, den Schlafkasten des Weibchens zu kontrollieren. Es war gerade dabei, Nistmaterial aus demselben in eine neu in das Terrarium eingebrachte Korkröhre zu
schaffen. Ein kurzer Blick in das aus Baumwollstreu, weichen Blättern und Zellstoff hergestellte, runde Nest offenbarte den Grund für die getrennten Schlafplätze und das aggressive Verhalten des
Weibchens: Zwei nur wenige Wochen alte Jungtiere krabbelten, mit wohl erst kürzlich geöffeneten Augen, etwas unbeholfen umher. Das Männchen musste also seinen Platz im Nest für die Nachkommen
räumen.
Bereits einige Tage nach dieser Entdeckung war eines der Jungen am Eingang der nun neu bezogenen Korkröhre zu sehen. Nach einer weiteren Woche zeigten sich beide unabhängig von vom Muttertier draußen und bewegten sich selbstständig im gesamten Terrarium. Die erste beobachtete Begegnung eines Jungtieres mit dem Männchen war vor allem geprägt von schüchterner Distanz. In der nächsten Nacht kletterte ein Jungtier zu dem Männchen in dessen Graskugel. Die verdächtigen Bewegungen im Inneren stellten sich als harmlos heraus. Das Alttier und das Jungtier saßen entspannt nebeneinander. Auch in den folgenden Nächten hielt sich dieses eine Jungtier häufig bei seinem Vater auf. Die einzige bemerkenswerte Interaktion zwischen den beiden war ein Gerangel in dem der Vater sich mit den Vorderpfoten auf die Brust des auf dem Rücken liegenden Jungtiers stemmte. Eine Verhaltensweise die von vielen Menschen allgemein als Dominanzgeste verstanden wird. Ich bin mir diesbezüglich jedoch nicht sicher - auch andere Deutungen sind möglich.
In den folgenden Tagen zeigten sich die Jungtiere teilweise schon am frühen Abend außerhalb der Schlafhöhle und konnten auch beim Spielen beobachtet werden. Im Alter von nur 5 Wochen
interessierten sie sich zudem für lebende Insekten und begannen Jagd auf Grillen und sogar ausgewachsene Heuschrecken zu machen.
Es bleibt verständlich, dass Züchter_innen von Wüstenschläfern sich uneins darüber sind, ob ein Paar zur Jungenaufzucht zusammen bleiben soll oder nicht. Nach meinen Beobachtungen beteiligt sich das Männchen nicht an der Pflege der Nestlinge, wird vom Weibchen sogar davon abgehalten. Je nach Aggressivität des Weibchens muss wohl im Einzelfall entschieden werden, ob ein Männchen im Terrarium verbleiben kann, oder ob es für eine bestimmte Zeit von Weibchen und Jungtieren getrennt werden soll. Fraglich ist hierbei, wann eine Zusammenführung stattfinden soll. Gerade weil das Männchen mit den Heranwachsenden interagiert, zu deren sozialer Entwicklung beiträgt und darüber hinaus eine Entlastung für das Weibchen darstellt, wäre es wünschenswert, die Familie schnellstmöglich wieder zusammenzuführen. Auf der anderen Seite sind Neuvergesellschaftungen bei Nagetieren oft heikel und können insbesondere für Jungtiere gefährlich sein.
mehr:
Kräh, S. (2014): Haltungsbericht Wüstenschläfer
Kräh, S. (2015): Gemeinsame Aufzucht bei Wüstenschläfern. Mitteilungen der Bundesarbeitsgruppe (BAG) Kleinsäuger e.V. 3/2015