Zuchtwahl

Wie schon in einem anderen Artikel beschrieben: Züchten ist mehr als mit einem Männchen und einem Weibchen Nachwuchs zu produzieren.

Der_die Züchter_in verfolgt ein Zuchtziel, um sich diesem anzunähern, ist ständige kritische Zuchtwahl und Selektion nötig. Doch welche Zuchtziele sollte man verfolgen und wie geht man vor?

Verfolgenswerte Ziele

Gesundheit

In erster Linie sollen schmerz- und leidensfreie Tiere erreicht werden. Einige Tierarten haben mit Erkrankungen zu schaffen, die auch eine erbliche Komponente haben. Einige Züchter_innen von Campbell-Zwerghamstern treffen in den ersten Jahren der Zucht kaum eine andere Zuchtwahl als die Selektion von Diabetes-positiv getesteten Tieren. Aber auch andere Probleme, wie gestörtes Augenwachstum (Microphtalmus, dominant vererbt) oder Zahnfehlstellungen/-verlust können auftreten. Einige Probleme lassen sich erst bei älteren Tieren erkennen. Deshalb ist es sinnvoll, in den einzelnen Linien immer auch Tiere bis ins hohe Alter zu behalten, da ihr  Gesundheitszustand und ihre Lebenserwartung einen Hinweis auf den Gesundheitszustand der Linie geben kann.

 

Verhalten

Wir züchten auch bei den sogenannten Exoten keine Wildtiere, sondern Heimtiere. Farbmaus genauso wie Tüpfelgrasmaus (Lemniscomys striatus) leben in Terrarien oder Käfigen und werden vom Menschen betreut. Ein Tier das an diese Art zu leben angepasst ist, sollte dem Menschen gegenüber entspannt und freundlich sein, auf Fütterung, Käfigreinigung und Handling nicht panisch reagieren. Bei sozialen Arten wie Rennmäusen oder Degus (Octodon degus) ist auch eine Zuchtauswahl mit Blick auf Sozialverträglichkeit wichtig. Die Tiere müssen nicht nur in bestehenden Gruppen gut miteinander auskommen, sondern sich auch leicht vergesellschaften lassen und die Aufzucht von Jungtieren sollte unproblematisch innerhalb einer Gruppe stattfinden können.

 

Aussehen

Oft trifft die Auswahl nach "Schönheit" auf Unverständnis, sie ist aber, wie man bei anderen Tierarten in der Vergangenheit beobachten konnte, essenziell. So sollen zum Beispiel Campbell-Zwerghamster wie Campbell-Zwerghamster aussehen. Das beginnt bei der Körpergröße, geht über die Kopf- und Körperform, Stellung und Form von Augen und Ohren, Fellbeschaffenheit, -zeichnung und -farbe bis hin zur Schwanzlänge und Behaarung der Fußsohlen. Zwar sind die beiden vorher genannten Punkte die Grundlage für einen guten Zuchtstamm, jedoch darf auch das Aussehen nicht ins Hintertreffen geraten. Campbell-Zwerghamster die aussehen wie Dsungarische Zwerghamster, die ein schütteres Bauchfell haben oder deren Ohren zu weit auseinanderstehen, entsprechen nicht dem Bild das wir von einem echten Campbell-Zwerghamster haben. Weitere Hinweise bietet der Deutsche Standard.

Wurf
Wer soll in der Zucht bleiben, wer darf abgegeben werden?

Wie geht man vor?

Zuchtwahl nach Gesundheit

Bevor man sich irgendwelche anderen Kriterien eines Tieres betrachtet, ist wichtig, dass die Zuchttiere gesund sind und man davon ausgehen kann, dass aus der Verpaarung gesunde Tiere entstehen.

Hat das Tier klare und gleich große Augen, ist das Fell artgemäß ausgeprägt? Ist das Gebiss in Ordnung und können Erkrankungen und testfähige Erbschäden ausgeschlossen werden? Einen Hinweis auf die Gesundheit eines Tieres bietet auch der Gesundheitszustand von Eltern, Großeltern und Geschwistern. Sind bei diesen Tieren Probleme aufgetreten?

Gezüchtet werden sollte nur mit Tieren in guter körperlicher Verfassung, bei denen erbliche Gesundheitsprobleme ausgeschlossen werden können. 

 

Zuchtwahl nach Verhalten

Die Basis eines friedlichen Zuchtstamms ist die Selektion von Tieren, die sich aggressiv gegenüber Artgenossen und/oder Menschen verhalten. Egal wie schön ein Tier auch sein mag: Wenn es bissig ist und sich als soziale Art nicht mit andern zusammen halten lässt, sollte es nicht zur Zucht eingesetzt werden. Ebenso sind ängstliche oder gar panische Tiere, solche die stark territorial oder auf andere Weise verhaltensauffällig sind, nicht zur Zucht geeignet.

Auch bei solitär lebenden Tierarten ist das Verhalten gegenüber Artgenossen wichtig: Die Anpaarung von Männchen und Weibchen zum Beispiel sollte möglichst reibungslos verlaufen.

 

Zuchtauswahl nach Aussehen

Der wohl schwierigste Aspekt der Zuchtauswahl ist das Aussehen. Viele Züchter_innen machen den Fehler, immer nur Tiere zu behalten, die eine eine außergewöhnliche Farbe haben oder die sie "am niedlichsten" finden. Subjektive Entscheidungen sind jedoch oft nicht konform mit verfolgenswerten Zuchtzielen. Oftmals ist es doch besser, aus einem Wurf eher ein wildfarbenes Tier mit guter Färbung und gutem Typ zu behalten und eine seltenere Farbvariante mit schlechtem Typ abzugeben.
Egal ob man bei Heimtierarten nach Farbe züchtet oder nicht, kann ein Zuchtstandard oder die Vorstellung der Tiere auf einer Zuchtschau bei der objektiven Beurteilung der Zuchttiere helfen. Die Tiere müssen eine gute Größe und Körperform haben, der Kopf muss in seinen Proportionen zum Körper passen, der Schwanz die richtige Länge und Positionierung  haben. Werden die Ohren aufrecht getragen? Sind sie von guter Größe und Form und stehen sie genauso wie die Augen im richtigen Abstand zueinander? Ist das Fell auch am Bauch und hinter den Ohren dicht? Ist die Färbung entsprechend dem Bild das man von der Art oder Rasse hat?

Aus einem gesunden Wurf mit friedfertigen Tieren sollten solche Individuen als Zuchttiere ausgewählt werden, die auch äußerlichen Kriterien am besten entsprechen oder von denen am ehesten zu erwarten ist, dass sie in Kombination mit einem passenden Partner dem gesetzten Ziel näher kommen.

Die Zuchtwahl muss objektiv sein
Die Zuchtwahl muss objektiv sein

Was tun mit Tieren, die dem Ziel nicht entsprechen?

Nicht zuletzt durch die so gut wie bei jedem_jeder  Züchter_in begrenzten räumlichen und wirtschaftlichen Kapazitäten ist es kaum möglich, Nachwuchs immer zu behalten. Es ist für die Zucht auch weder notwendig noch sinnvoll.

 

Da Fortschritt in einer Linie nur möglich ist, wenn man mit den besten Nachkommen weiter züchtet und den Rest nicht weiter für die Zucht verwendet, kommt es bei einem Wurf von vielleicht sieben Jungtieren unweigerlich dazu, dass sechs von ihnen nicht in der Zucht bleiben. Wie bereits erwähnt, ist es für die Überprüfung der Gesundheit manchmal auch gut, einzelne Tiere, zu behalten, auch wenn mit ihnen nicht gezüchtet wird.

 

Gute Tiere, die jedoch nicht dem eigenen Zuchtziel entsprechen, können an andere Züchter_innen abgegeben werden. Tiere, die sich nicht zur Zucht eignen, können als Heimtiere abgegeben werden. Die Abgabe an neue Halter_innen kann oft sehr zeitaufwendig und anstrengend sein. Da die Tiere meist in der Wohnung gezüchtet werden, muss man sich darauf gefasst machen, fremde Menschen im eigenen Haushalt zu empfangen.

 

Was macht man aber mit Tieren, die man nicht verkaufen kann, weil sie sich nicht für die Heimtierhaltung eignen? Zum einen will niemand ein Tier von einem_einer Züchter_in kaufen, dessen Lebenserwartung fraglich und Lebensqualität eingeschränkt ist und zum anderen möchte man sich vielleicht lieber einen "guten Ruf" erarbeiten, indem man eben nur gesunde, freundliche und schöne Tiere abgibt.

 

Einige Züchter_innen von Nagetieren halten Schlangen, Greifvögel oder kleine Raubsäuger, die sich von Kleintieren ernähren und haben somit die Möglichkeit, einerseits Futter aus eigener Zucht zu verfüttern und andererseits ist der Verbleib von Tieren, die man nicht abgeben kann, geregelt. Da nicht jede_r eine Königspython oder gar Frettchen hält, besteht dennoch oft die Möglichkeit, in der Umgebung eine_n Reptilienhalter_in seines_ihres Vertrauens zu finden. Wer diesen Schritt zu gehen nicht bereit ist, sollte das in der Planung seiner_ihrer Zucht berücksichtigen.

Opossums
Weißbauch-Opossums (Didelphis albiventris) sind Allesfresser