Noch vor 15 Jahren war es etwas besonderes, wenn man seinen Nagetieren täglich Frischfutter gegeben hat. Die Futtermittelindustrie hat mit der Verbreitung von "Alleinfutter" für Kaninchen,
Meerschweinchen und Hamster suggeriert, dass nichts anderes zugefüttert werden muss, solange die Tiere nur viel von ihrem Fertigfutter bekommen.
Mittlerweile hat sich dies geändert: Halter_innen machen sich mehr Gedanken über das was ihre Tiere brauchen und wollen. Kleinsäuger erhalten nun nicht mehr nur Kartoffelschalen und sonstige
Küchenabfälle, es wird eigens Frischfutter nur für sie eingekauft. Auch die Dogmen rund um Durchfall und Blähungen von zu viel oder als bedenklich verrufenem Frischfutter werden langsam
überwunden. Experimentierfreudige Halter_innen teilen ihre Erfahrungen und ermuntern andere, ihren Heimtieren ebenfalls Abwechslung von Karotten und Äpfeln zu bieten.
Ebenso lässt sich die feststellen, dass die Fütterung immer mehr an die Ernährung im natürlichen Lebensraum angepasst wird. Seit Jahren wird so zum Beispiel für grabende Bodenbewohner unter den
Nagetieren vor allem Wurzelgemüse empfohlen. Darüber hinaus zeigten Beobachtungen von Rennmäusen, Cururos und Hamstern, dass diese auch grüne Bestandteile von Gräsern und Kräutern zu sich nehmen.
Ausgehend von der Kaninchenhalter-Community finden sich auch unter den Liebhaber_innen von Meerschweinchen, Degus und anderer herbivorer/folivorer Kleinsäuger immer mehr Menschen, die "Wiese" als
Nahrungsmittel verwenden und täglich Gräser, Kräuter und frische Zweige sammeln. Insbesondere bei Tieren mit nachwachsenden Zähnen und einer ausgesprochenen Anpassung an das Zermahlen von Halmen
und Blättern ist diese Art und Weise der Ernährung vor allem auch vorbeugend gegenüber Gebisserkrankungen durch fehlenden/falschen Abrieb, wie sie bei Chinchillas, Degus und Kaninchen regelmäßig
beobachtet werden.
Auch wenn das tägliche Füttern von "Wiese" für herbivore Tiere aktuell wahrscheinlich gerade der Frischfuttertrend schlechthin ist und sehr viele Vorteile für Mensch und Tier bietet, ist
es insbesondere in einem städtischen Umfeld, in Trockenperioden oder im Winter nicht einfach, täglich frisch eine vielseitige Sammlung von Gräsern und Kräutern anzubieten. Gut, dass hier
letztendlich immer wieder auf Gemüse, Obst, Salate und Kräuter aus dem Handel zurückgegriffen werden kann.
Dennoch gibt es eine weitere Alternative, die sich sehr einfach im Garten oder auf dem Balkon oder sogar auf dem Fensterbrett realisieren lässt: Der Eigenanbau von Futterpflanzen. Neben dem
einfachen Aussäen von Körnern aus dem Trockenfutter oder dem Kauf von Katzengras und anderen Futterpflanzen aus dem Zoofachhandel stellen auch einige als Zimmerpflanzen gebräuchliche Sorten eine
gute Frischfutterquelle dar. Hiervon sind einige sehr wuchsfreudig und leicht zu kultivieren, sodass sie als Futterpflanzen auf dem Fensterbrett wunderbare Dienste leisten:
Grünlilie (Chlorophytum comosum)
Zyperngras (Cyperus spec.)
Schönpolster/Kalisie (Callisia repens)
Von allen genannten ist das Kriechende Schönpolster wohl die in der Heimtierhaltung bekannteste Futterpflanze. Unter dem Handelsnamen Golliwoog wird es bereits seit einigen
Jahren in Zoofachgeschäften, Baumärkten und Onlineshops angeboten. Als südamerikanische Staude braucht das Schönpolster zum Wachsen neben ausreichend Licht vor allem mindestens Zimmertemperatur.
Im Sommer kann es auch auf dem Balkon oder als Bodendecker im Garten angebaut werden. Bei optimalen Bedingungen vergrößert sich die Pflanze sehr schnell. Die Vermehrung funktioniert problemlos
über Stecklinge, die nach einigen Tagen im Wasser Wurzeln ziehen und dann in Erde getopft werden können.
Ähnlich pflegeleicht ist das verwandte Zebra-Ampelkraut. Die leicht zu vermehrende Hängepflanze ist nicht nur wegen ihrer gestreiften Blätter mit lilafarbener Unterseite, sondern
auch wegen ihrer Anspruchslosigkeit sehr beliebt. So gut wie an jedem Standort in der Wohnung gedeiht diese Tradescantie und auch längere Trockenperioden verzeiht sie größtenteils. Die Vermehrung
klappt genau wie beim Schönpolster über Stecklinge. Es hat sich gezeigt, dass eine Pflanze oft nach etwa zwei Jahren aufhört zu wachsen und langsam abstirbt. Deshalb ist wichtig, stets für neue
junge Pflanzen zu sorgen.
Ein wenig aus der Zeit gefallen aber dennoch nützlich ist die allseits bekannte Grünlilie. Wahrscheinlich gab es bis in die 1990er Jahre kaum ein Haus in dem die grün-weiß
gestreifte Grünlilie nicht auf einem Fensterbrett oder Treppenhausabsatz stand. Durch ihre Eigenschaft, Schadstoffe aus der Luft zu filtern und dadurch die Raumatmosphäre zu verbessern, ist und
war sie besonders in Büroräumen beliebt. Daher auch der verbreitete Name "Beamtenpalme". Die Grünline ist anspruchslos, wächst schnell und bildet bereits im jungen Alter Ableger aus. Sofern diese
nicht schon an der Luft Wurzeln getrieben haben, tun sie es spätestens nach einigen Tagen im Wasser und können eingepflanzt werden.
Etwas pflegeintensiver ist das ebenfalls früher als Zimmerpflanze sehr beliebte Zyperngras. Dieses schilfartige Gras braucht viel Wasser und wuchert bei ausreichend Licht fast
schon zusehends. Die im Handel erhältlichen Sorten bleiben meist 80 - 150 cm hoch. Wichtig ist, ein gutes Maß bei der Bewässerung zu finden. Zu wenig ist ebenso schlecht wie zu viel Wasser. Oft
wird Zyperngras als lebende Terrarieneinrichtung für Eurasische Zwergmäuse (Micromys minutus) empfohlen. Die Tiere sind an ein leben in hohem Gras und Schilf angepasst. Sie klettern
nicht nur geschickt durch die Stängel, sondern flechten aus den Halmen auch ihre charakteristischen Kugelnester. Aber natürlich ist es auch ein gutes Futter für grasfressende Heimtiere.