Wurfgrößen bei Campbell-Zwerghamstern

Foto: Claudia Ziegert | clamazi.de
Foto: Claudia Ziegert | clamazi.de

In der Vergangenheit habe ich, basierend auf meinen eigenen Erfahrungen, für Cambell-Zwerghamster immer eine durchschnittliche Wurfgröße von 4 - 6 angegeben. Zwar konnten auch regelmäßig mehr oder weniger Jungtiere pro Wurf dokumentiert werden, jedoch hielt sich in all den Jahren die Wurfgröße immer im Bereich zwischen 1 und 9 auf. Nie kam ein Wurf mit mehr als neun Jungtieren vor. 

Dann bekam ich in der letzte Woche eine Mail, in der von einem Wurf mit 10 Jungtieren berichtet wurde. Dies war wohl selbst für die Absenderin verblüffend. Eine kurze Umfrage bei anderen Campbell-Züchter_innen zeigte: das Maximum von neun Jungtieren wird so gut wie nie überschritten. Ein Wurf mit zehn Jungtieren ist eine absolute Besonderheit. Dennoch gab es Diskrepanzen, was die berichteten Beobachtungen angeht. Deshalb ist es interessant, sich näher mit der Analyse von Wurfgrößen zu beschäftigen. 

Die Literatur liefert zu der Frage einige Angaben. Laut Wynne-Edwards et al. (1987) wandern bei der Ovulation meist 5 - 8 Eizellen in die Gebärmutter. In seiner Monografie nennt Flint (1966) die Zahl 8 - 9 für Dsungarische Zwerghamster (Phodopus sungorus sungorus und Ph. s. campbelli). Gewonnen ist diese Information aus der Zählung von Embryonen bzw. Uterusnarben bei wild gefangenen Tieren. Er verweist bereits darauf, dass diese Zahlen kein Hinweis auf die tatsächlich geborenen Neonaten oder gar die aufgezogenen Jungtiere ist (S. 43f).
Meyer (1967) nennt für wild gefangene Tiere in Transbaikalien einen Durchschnitt von 8,2 Jungtieren pro Wurf. Pogosianz (1975) nennt eine Spannweite von 1 bis 9 Jungen bei Tieren in Laborhaltung.

Für eine aktuelle Erhebung des Bestandes in Europa, habe ich mir Webseiten von 12 Züchter_innen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich angesehen, die ihre Würfe dokumentieren. Die Auswahl der Zuchtseiten verlief ausschließlich nach diesem Kriterium. Es ist davon auszugehen, dass die veröffentlichten Angaben ausschließlich die lebend geborenen Jungtiere dokumentieren, die bei einer Nestkontrolle gezählt werden konnten. Wann die Züchter_innen diese Zählung durchgeführt haben und inwiefern sich diese Zahl mit der tatsächlichen Anzahl der Neonaten kurz nach der Geburt deckt, kann nicht beantwortet werden.

In die Statistik eingegangen sind insgesamt 224 Würfe mit 1097 Jungtieren. Die durchschnittliche Wurfgröße beträgt 4,89. Der Modalwert ist 4: Die meisten Würfe brachten 4 Jungtiere. Die Verteilung der Wurfgrößen ist nicht harmonisch (siehe Grafik 1). Es besteht keine Normalverteilung, im Bereich zwischen 2 und 6 sind gerade Wurfzahlen signifikant häufiger als ungerade. Der Median (5), welcher in einer Normalverteilung der Wert mit der meisten Anzahl an Würfen sein sollte, steht deutlich hinter dem  dem nächsthöheren bzw. nächstniedrigeren Wert an.
Auffällig ist vor allem, dass die Werte sich grundsätzlich im Bereich zwischen 1 und 9 abspielen, kein Wurf mit 10 Jungtieren dokumentiert wurde, es jedoch einen Fall von 11 Jungtieren gegeben hat. Dies lässt stutzig werden. Die genauere Betrachtung des Wurfs auf der Webseite der mittlerweile nicht mehr bestehenden Zucht liefert leider wenig Informationen. Die gefallenen Farben reichen von einfarbig Black, Lilac Fawn und Lilac über Mottled-Varianten (Agouti, Black, Opal, Blue) bis hin zu zwei Black Platinums. Leider fehlen ebenso die Angaben zu den Eltern sowie Fotos der Jungtiere. Die Jungen werden zudem nicht zweifelsfrei als ein einziger Wurf deklariert. Man findet lediglich den Hinweis "Wir haben 11 Welpen zur Abgabe". Es kann also sein, dass hier aus praktischen Gründen zwei Würfe gemeinsam auf eine Unterseite der Homepage gesetzt wurden. Ebenso können bei zwei Weibchen im gleichen Käfig versehentlich zwei Würfe für einen gehalten worden sein. Natürlich ist aber auch nicht auszuschließen, dass es sich tatsächlich um einen Wurf mit elf Jungtieren handelt. 

Größe (Wert) und Anzahl der Würfe (n=224)
Größe (Wert) und Anzahl der Würfe (n=224)

Da die Züchterin nicht mehr kontaktiert werden kann, wurden alle Würfe dieser Zucht aus der Statistik entfernt um eine alternative Version vorzulegen: Bei den nunmehr 215 ausgewerteten Würfen mit 1036 Jungtieren hat sich die Durchschnittsgröße etwas verkleinert: 4,81. Die Spannweite hat nun die Werte 1 bis 9. Modus (4) und Median (5) bleiben gleich und auch die Verteilung weicht weiterhin von einer Normalverteilung ab:

Größe (Wert) und Anzahl der Würfe (n=215)
Größe (Wert) und Anzahl der Würfe (n=215)

Grundsätzlich lässt sich also sagen, dass die Hälfte der Würfe (48,4% bzw. 47,3%) aus 4 bis 6 Jungtieren besteht. In 86,5% (bzw. 84,8%) der Würfe werden zwischen 2 und 7 Jungtiere geworfen. Einzelkinder oder Würfe mit 8 oder mehr Jungen sind und bleiben seltene Ausnahmen. Dennoch kommen sie vor.

Verwendete Zahlen

Gesamt: {1; 1; 1; 1; 1; 1; 1; 1; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 9; 9; 9; 9; 9; 9; 9; 11}

 

Bereinigt: {1; 1; 1; 1; 1; 1; 1; 1; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 2; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 3; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 4; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 5; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 6; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 7; 8 ; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 8; 9; 9; 9; 9; 9; 9; 9}

Verwendete Daten

gesunde-kleintierzucht.npage.de/index.html

campbell.fr

deguzucht.jimdo.com

campbells-vom-baldeneysee.npage.de

hamsterzucht.ch

campbellzwergli.ch

happy-pleased-campbell.de

campbellhamster-von-langfort.de

smarties-campbell-zwerghamster.chapso.de

piccolastella.ch

facebook.com/duesseldorfercampbells


Literatur

Flint, W.E. (1966): Die Zwerghamster der Palärktischen Fauna. A. Ziemsen, Wittenberg


Meyer, M. N. (1967): Peculiarities of the reproduction and development of Phodopus sung ours of different geographical populations. Zoologecheskii Zhurnal, 46:604 - 614.


Pogosianz, H.E. (1975): Djungarian hamster, a suitable tool for cancer research and cytogenetic studies. Journal of the National Cancer institute, 54: 659-664.


Wynne-Edwards, K.E., P.F. Terranova & R.D. Lisk (1987): Cyclic Dsungarian hamsters, Phodopus campbelli, lack the progesterone surge normally associated with ovulation and behavioral receptivity. Endocrinologym 120: 1308-1316


Nachtrag 04/2015
Mit der Veröffentlichung des Artikels habe ich vereinzelte Rückmeldungen erhalten, in denen ebenfalls von 10 oder 11 Jungtieren pro Wurf berichtet wurde, die auch allesamt aufgezogen wurden.
Es ist also durchaus möglich, dass Würfe die Zahl von 9 Jungtieren übersteigen, jedoch ist dies ein seltenes und somit besonderes Ereignis. Interessant wäre für Züchter_innen, diesem Phänomen nachzuforschen und zu prüfen, ob sich diese hohe Fruchtbarkeit auch vererbt.