Wenn man sich über den Platzbedarf von kleinen Nagetieren informiert, trifft man in Büchern, Zeitschriften und Internet auf unterschiedlichste Angaben. Oft wird in Internetforen auf "absolute Mindestmaße" aufmerksam gemacht und kleine Käfige aus dem Zoohandel werden teilweise als gesetzeswidrig angesehen. Was ist da dran?
Schon in dem Artikel Heimtierhaltung im Wandel, ist ersichtlich, dass Mindestmaße mehr als relativ sind. Der Trend geht, besonders in der Internetgemeinde, zum immer größeren Käfig mit immer besseren Bedingungen. Heute wird viel mehr über das Thema gelesen. Auch mehrere verschiedene Texte. Der Tierschutzgedanke ist weiter vorangeschritten und es kommt immer wieder zu Diskussionen, wenn sich jemand unbeirrbar zeigt, und seine Tiere in einem sogenannten Hamsterknast hält.
Schnell ist man auf der Suche nach gesetzlichen Mindestanforderungen um seine These, dass auch Kleintiere viel Platz brauchen, zu untermauern. Jedoch gibt es leider keine Gesetze die den Platzbedarf von Heimtieren definieren.
Merkblätter der TVT
Die Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz, können auf deren Homepage kostenlos als PDF heruntergeladen werden. Diese sind eine sehr gerne zitierte Quelle, wenn es darum geht, die eigenen Argumente über die Haltungsansprüche zu bekräftigen. Hier werden für Gold- und Zwerghamster Mindestmaße von 70x50x40 cm (LxBxH) genannt, jedoch eine Gehegegröße von 100x50x50 cm (LxBxH) empfohlen. Aus dem Text ist zu erlesen, dass sich diese Abmessungen nicht allein aus dem Bewegungsdrang der Nagetiere ergeben, sondern ganz pragmatisch aus der Tatsache, dass ein Hamsterkäfig groß genug sein muss, um darin Schlafhaus, Vorratshaus, Futternapf, Trinkmöglichkeit, Klettergeräte und ein Laufrad unterzubringen. Platz für den Hamster muss natürlich auch noch sein.
Nichtsdestotrotz: Es handelt sich hierbei (leider) um keine Gesetzestexte.
Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren
Diese Broschüre des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde 1996 herausgegeben und wird oft herangezogen, wenn es um die Frage geht, wie Heimtierhaltung gesetzlich geregelt ist.
Für kleine Mäuseartige (ausdrücklich: Zwerghamster, Hausmäuse, Streifenmäuse, Stachelmäuse und Baumwollratten) wird ein Raumbedarf von 0,5m² pro Gruppe festgelegt (S.17). Genau diese Angabe kursiert im Internet, und viele Tierhalter_innen befürchten wahrscheinlich, dass es Ärger geben könnte, wenn sie ihre Streifenhamster auf nur 0,3m² halten. Jedoch findet sich schon einige Seiten zuvor (S. 7) der Hinweis, dass das Gutachten in erster Linie für öffentliche (und nur sekundär für nicht-öffentliche) Einrichtungen gedacht ist.
Wenn wir uns allerdings in Tiergärten umsehen, wie in der Stuttgarter Wilhelma oder dem Berliner Tierpark, sehen wir, dass hier Farbmäuse auf geringerem Raum gehalten werden, während für Baumwollratten ein großes Terrarium eingerichtet wurde:
Hier liegt nämlich der Knackpunkt: Die gesetzlichen Richtlinien zur Haltung von Säugetieren sind nicht auf übliche Heimtiere anwendbar. Das bedeutet, dass nicht nur der Heimtierhalter_innen, sondern auch der Zoologische Garten und natürlich Versuchstierzuchten ihre Tiere theoretisch so klein halten können, wie sie wollen.
Die einzige Einschränkung liefert das Deutsche Tierschutzgesetz, in dessen ersten Paragraphen folgender Satz enthalten ist: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen."
Außerdem fordert der § 2 folgendes:
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- 1.
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muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
- 2.
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darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
- 3.
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muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Alles ein bisschen schwammig. Wann leidet ein Tier, wie kann man das erkennen? Wie können solche Gesetze durchgesetzt werden und wie hart soll jemand bestraft werden, der eine Maus auf zu kleinem Raum hält, während andere genau diese straffrei mit der Totschlagfalle töten würden.
Zwar werden die Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren momentan überarbeitet, dennoch sollte man gerade bei Kleinsäugern nicht auf den Gesetzgeber warten, sondern auf den Menschenverstand bauen. Gute Argumente sind oft hilfreicher als Paragraphen.
update
Seit 2014 gelten neue gesetzliche Mindestanforderungen, die auch für die Heimtierhaltung interessant sind.
Nadine Conrad (Dienstag, 19 April 2011 22:46)
Super klasse Stefan!
sowas hat die Nagerwelt noch gebraucht!
entlich bekomme ich Verstärkung =)