Farbmaus: Blue Burmese

Farbmäuse werden seit Jahrhunderten in vielen Varianten gezüchtet. Die verschiedenen Mutationen und ihre Kombinationen ermöglichen eine große Vielfalt an Fellfärbungen. Nur wenige davon wurden in die Zucht- und Ausstellungsstandards von Zuchtvereinen als Rassen (bzw. Varieties) aufgenommen. Eine davon ist Blue Burmese (a/a cch/cd/d). Hierbei handelt es sich um eine blaugraue Variante mit dunkelgrauer Färbung von Schnauze, Ohren, Pfoten und Schwanz. 

Farbgenetik und Geschichte

Blue Burmese ist eine aus mehreren Mutationen kombinierte Farbvariante.

 

Non-Agouti (a) ist eine der ältesten Farbmutationen der Hausmaus (vgl. Dunn 1928). Homozygot (a/a) bewirkt sie die vollständige Ausbreitung des schwarzen Eumelanins im ganzen Haar. Das Tier hat somit einfarbig schwarzes Fell. (vgl. Kräh 2010a)

 

Chinchilla (cch) ist vor etwa 100 Jahren erstmals bei einem Hobbyzüchter aufgetreten (vgl. Feldman1922). Es bewirkt homozygot (cch/cch) eine starke Verdünnung des gelben Phäomelanins und eine leichte Verdünnung des schwarzen Eumelanins. Das Fell wirkt silbergrau wie bei einem Chinchilla (Chinchilla lanigera). 

 

Himalayan (ch) ist in einem Laborstamm erstmals dokumentiert worden (vgl. Green 1961). Es bewirkt homozygot (ch/ch) die Verdünnung des gelben Phäomelanins zu Weiß, das schwarze Eumelanin hingegen wird zu Beige verdünnt. Die Farbausprägung ist abhängig von der Temperatur: An den kältesten Stellen des Körpers (Ohren, Nase, Füße, Schwanzwurzel und Schwanz) entstehen ab dem ersten Fellwechsel etwa in der 5. Lebenswoche die typischen braunen Colourpoints des Farbschlags Siamese (Akromelanismus). Auch die Augenfarbe ist zu einem Rubinrot verdünnt.

 

Dilution (d) ist ebenfalls eine lange bekannte Mutation. Sie bewirkt eine Verklumpung des schwarzen Eumelanins zu Schieferblau und des gelben Phäomelanins zu Creme. (vgl. Becker 2011; siehe auch Kräh 2010b)

 

Um Blue Burmese zu erreichen, ist also die Kombination von vier verschiedenen Mutationen auf drei Loci erforderlich. Mit etwas Glück wird man jedoch bei der Suche nach Blue Burmese bald fündig oder kann mit der Kombination der relativ regelmäßig erhältlichen Varianten Blue Self (a/a d/d) und Burmese (a/a cch/ch)  problemlos Blue Burmese erzielen. 

Varianten mit ähnlichen Genkombinationen A-Locus C-Locus D-Locus
Blue Burmese a/a cch/ch d/d
Siamese Blue Point a/a ch/ch d/d
Chinchillated Blue a/a cch/cch d/d
Burmese a/a cch/ch D/-
Blue Self a/a C/- d/d
Blue Silvered Burmese A/- cch/ch d/d
Siamese Seal Point a/a ch/ch D/-
Dark Sepia a/a cch/cch D/-
Blue Silver Agouti A/- cch/cch d/d
Siamese Blue Agouti Point A/- ch/ch d/d

Grundsätzliche Informationen zu Genetik siehe Kräh (2010c)

Ideales Blue Burmese

Blue Burmese hat schwarze Augen und blaugraues Fell mit sehr dunkel blauen Kältepunkten (Colourpoints). Der Kontrast zwischen Körperfarbe und Colourpoints sollte möglichst stark sein.

 

Nur wenige Zuchtverbände erkennen Blue Burmese als Variante  an.

Der finnische Standard beschreibt die ideale Ausfärbung des Körpers als durchgehend "hellblau" mit "sehr dunkelblauen Colourpoints" (Finnish Show and Pet Mice Club 2019). US-amerikanische Standards verlangen eine "mittelblaue" Körperfärbung mit "dunkelblauen Colourpoints" (American Fancy Rat and Mice Association 1997). Die Colourpoints sollen gleichmäßig in die Körperfärbung übergehen (vgl. Fancy Mouse Breeder's Association 2019).

Fehler

Die Showzucht von Blue Burmese bereitet einige Schwierigkeiten. In einer Bewertung werden bestimmte Abweichungen vom Standard als Fehler gewertet. Häufig auftretende Fehler, auf die bei der Zucht zu achten ist, sind:

 
  • zu helle Körperfärbung
  • zu dunkle Körperfärbung
  • zu helle Colourpoints
  • ungleichmäßige Färbung (Fellwechsel)
  • mehliger oder bräunlicher Schimmer
  • weiße Haare an der Schwanzunterseite

(vgl. Fancy Mouse Breeder's Association 2019; Finnish Show and Pet Mice Club 2019)

Hinweise zur Zucht

Im Gegensatz zu vielen anderen Rassen der Farbmaus ist Blue Burmese eine heterozygote Variante und kann nicht reinerbig gezüchtet werden. Die Kreuzung von Blue Burmese x Blue Burmese wird also immer nur einen Teil Blue Burmese (50 %) ergeben, während jeweils 25 % Siamese Blue Point (a/a ch/ch d/d) und Chinchillated Blue (a/a cch/cch d/d) sind. Bei einer Kreuzung von Siamese Blue Point x Chinchillated Blue hingegen fallen 100 % Blue Burmese.

 

Üblicherweise werden folgende Kombinationen gezüchtet, um Blue Burmese zu erreichen:


Blue Burmese      x       Blue Burmese

    (a/a cch/ch d/d)                        (a/a cch/ch d/d)    

 

25 % Chinchillated Blue                           50 % Blue Burmese                     25 % Siamese Blue Point

(a/a cch/cch d/d)                                             (a/a cch/ch d/d)                                   (a/a ch/ch d/d)   


Blue Burmese      x       Siamese Blue Point

(a/a cch/ch d/d)              (a/a ch/ch d/d)      

 

 50 % Blue Burmese                     50 % Siamese Blue Point

(a/a cch/ch d/d)                                   (a/a ch/ch d/d)   


Blue Burmese      x       Chinchillated Blue

    (a/a cch/ch d/d)                        (a/a cch/cch d/d)    

 

50 % Blue Burmese                     50 % Chinchillated Blue

(a/a cch/ch d/d)                                   (a/a cch/cch d/d)   


Chinchillated Blue      x       Siamese Blue Point

    (a/a cch/ch d/d)                        (a/a cch/ch d/d)    

 

100 % Blue Burmese

(a/a cch/ch d/d)


Blue Burmese und Chinchillated Blue
Blue Burmese und Chinchillated Blue

Vor allem, wenn nestjunge Tiere nach Farbe selektiert werden, sollte auf Kombinationen verzichtet werden, bei denen Chinchillated Blue fällt. Diese Variante lässt sich im Welpenalter kaum von Blue Burmese unterscheiden. Für Chinchillated Blue existiert kein Standard und die Variante wird nur für die Zucht von Blue Burmese benötigt.

 

Bei der Selektion nach Farbe empfiehlt der Finnish Show and Pet Mice Club (2019), zunächst die helleren Jungtiere zu behalten und von jenen später diejenigen für die Zucht einzusetzen, die die stärksten Colourpoints aufweisen. Bei dunklen Jungtieren ist im Erwachsenenalter zu erwarten, dass sie keine ausgeprägten Colourpoints entwickeln. Ebenso bieten dunkle Tiere in der Verpaarung mit hellen Tieren keine Verbesserung der Points.

 

Ist die Färbung zu dunkel, zu bräunlich oder mehlig, kann es hilfreich sein, Siamese Blue Point mit heller Körperfärbung einzukreuzen. Wird helles Blue Self eingekreuzt, kann die Körperfärbung zwar verbessert werden, jedoch verschlechtern sich die Colourpoints.

Siamese Blue Point
Siamese Blue Point

Zur Verbesserung der Colourpoints eignet sich Siamese Blue Point. Der Finnish Show and Pet Mice Club (2019) verweist darauf, dass die Kreuzung von Siamese Blue Point x Blue Burmese sowohl die besten Ergebnisse für Blue Burmese als auch sehr gute Ergebnisse für Siamese Blue Point bringt.

 

Sofern kein Siamese Blue Point verfügbar ist, kann auch helles Siamese Seal Point mit dunklen Colourpoints eingekreuzt werden. Vermieden werden sollte jedoch das Einkreuzen von Chocolate (b/b) oder Tieren, die die Braunaufhellung vererben (B/b). Die verstärkt die ohnehin schon bestehende Tendenz zum Braunschimmer bei Blue Burmese. Ebenso sollten alle Varianten von Tan (at/-) und Fox (at/- cch/cch) als Kreuzungspartner ausgeschlossen werden, da dies die weißen Haare an der Schwanzunterseite verstärkt. Die weißen Haare können nur durch strenge Selektion minimiert werden.

Burmese
Burmese

In der Zucht zeigt sich sehr bald, dass Weibchen in der Färbung eher dem Standard entsprechen, während Männchen oftmals bereits früh zu dunkles Fell oder einen Braunstich aufweisen. Ebenso tritt bei ihnen die Weißfärbung unter dem Schwanz mehr zutage. Der Finnish Show and Pet Mice Club (2019) empfiehlt, Männchen zunächst im Jungtieralter nach Farbe zu selektieren und dann bei der Wahl der Zuchttiere vor allem auf Typ und Größe zu achten. Bei Weibchen hingegen sollte im Gegenzug strenger nach Farbe ausgewählt und zu dunkle oder bräunliche Tiere nicht zur Zucht eingesetzt werden.

Blue Burmese bei anderen Tierarten

Burmese ist seit 1933 vor allem als Katzenrasse bekannt. 1955 wurde die erste blaue Burma-Katze geboren. Verschiedene Zuchtverbände erkennen neben Blau oder Blue Burmese auch andere Farbschläge dieser Katzenrasse an. (TICA 2018)

 

Blue Burmese ist unter anderen Bezeichnungen auch bei weiteren domestizierten Tierarten bekannt. So werden seit beinahe 100 Jahren (also 10 Jahre vor der Burma-Katze) verschiedene Kaninchenrassen mit ähnlichem Erscheinungsbild unter der Farbbezeichnung Marder gezüchtet. In Deutschland sind Marderkaninchen in blau sowie Farbenzwerg, Zwergwidder und Zwerg-Rex jeweils in marderfarbig-blau vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter anerkannt (vgl. Budde & Huth 2018). Den Farbschlag Marder gibt auch bei der Mongolischen Rennmaus und erinnert ebenfalls stark an die Burma-Katze und den Farbschlag Burmese bei der Farbmaus. Die eher hellbraune wirkende Aufhellung Dilute-Marder hat jedoch äußerlich kaum Ähnlichkeit mit Blue Burmese bei der Farbmaus. Insbesondere die Colourpoints sind kaum zu sehen (vgl. Schwarz o. J.). Ähnlich verhält es sich bei der Farbratte: Während Burmese noch als solches erkennbar ist, ist Russian Blue Burmese sehr hell und wirkt wenig blau. Dennoch ist die Farbe mittlerweile zumindest bei einem Zuchtverband anerkannt (vgl. NFRS 2020). Auch beim Meerschweinchen ist 2007 in Chile eine Colourpoint-Mutation mit dunklen Augen aufgetreten. Seit 2012 werden unter der Rassebezeichnung California auch in Deutschland mehrere Farbvarianten gezüchtet.

mehr

AFRMA. American Fancy Rat and Mice Association (1997): Siamese Sable. AFRMA Rat & Mouse Tales. https://www.afrma.org/c-c_siamesesable.htm

 

Becker, A. (2011): Grundlegende Loci der Farbvererbung. http://farbmaus-rassezucht.de/farbmaeuse/genetik/genetik_all.htm

 

Budde, M. & Huth, U. (2018): Rassenübersicht. https://www.kaninchenzucht.de/rassen/index.php

 

Dunn L. C. (1928): A Fifth Allelomorph in the Agouti Series of the House Mouse. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 14(10): S. 816-819.

 

Fancy Mouse Breeder's Association (2019): Show Standards. Pointed and Shaded. http://www.fmbamice.com/show-standards/

 

Feldman, H.W. (1922): A fourth allelomorph in the albino series in mice. The American Naturalist, 56: S. 573-574. https://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/279899?mobileUi=0&

 

Finnish Show and Pet Mice Club (2019): Blue Burmese (bl-bur). http://hiiret.fi/eng/breeding/?pg=4&sub=6&ala=1

 

Green, M. C. (1961): Himalayan, a new allele of albino in the mouse. Journal of Heredity, 52: S. 73-75. https://academic.oup.com/jhered/article-abstract/52/2/73/757038?redirectedFrom=fulltext

 

Kräh, S. (2010a): Black. https://ratfrett.jimdofree.com/2010/09/29/black/

 

Kräh, S. (2010b): Dilute. https://ratfrett.jimdofree.com/2010/07/16/dilute/

 

Kräh, S. (2010c): Genetik in 5 Minuten. https://ratfrett.jimdo.com/2010/07/26/genetik-in-5-minuten/

 

NFRS. National Fancy Rat Society (2020): Varieties. Provisional Standard. https://www.nfrs.org/varieties_provisional_standard.html

 

Schwarz, D. (o.J.): Marder. https://www.rennmaus.de/rennmaus/basiswissen/rennmausfarben/colourpoint/marder/

 

TICA. The International Cat Association (2018): Burmese Breed. https://www.tica.org/breeds/browse-all-breeds?view=article&id=830:burmese-breed&catid=79

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