Studien: Ernährung von Vielzitzenmäusen

Die Ernährung von Vielzitzenmäusen (Mastomys) ist relativ einfach. Die Tiere sind genügsame Allesfresser und lassen sich mit handelsüblichen Futtermischungen für Farbmäuse, Farbratten oder Rennmäuse ernähren. Sie fressen Insekten, Gemüse, Labortierpellets und nahezu alles, was man ihnen anbietet. Selten kommt bei der Auseinandersetzung mit der tiergerechten Haltung von Vielzitzenmäusen die Frage auf, welche spezifischen Fütterungsansprüche diese weit verbreitete Mäuseart hat und wie sich die Tiere im Freiland ernähren. Dabei existieren Studien zu diesem Thema, die gerade für die Zucht von Mastomys interessant sind.

Ernährung im Freiland

Eine der jüngsten Studien von Mulungu et al (2011) zu Futtervorlieben von freilebenden Mastomys natalensis in Tansania und Swasiland kennzeichnet die Vielzitzenmaus als opportunistischen Allesfresser, der durch die besondere Vorliebe für Getreide auch landwirtschaftliche Schäden verursachen kann. Untersucht wurde der Mageninhalt von 148 Tieren in verschiedenen Lebensräumen von Wald und Brache bis Kulturflächen mit besonderem Interesse für den jeweiligen Wachstumsstand von Maispflanzen.
Der Mageninhalt setzte sich je nach Habitat und Jahreszeit aus den folgenden Bestandteilen zusammen:
Inhalt Volumenprozent
Getreide/Samen  47 - 59 %
Wurzeln, Stängel, Blätter  5 - 15 %
Samenhülsen  1 - 3 %
Wirbellose  10 - 18 %
Tierhaare  3 - 4 %
Gemüsefrüchte (z.B. Tomate)  0 - 15 %
nicht identifiziertbar 11 - 16 %

Mageninhalt von M. natalensis in Tansania nach Mulungu et al (2011)

In beiden Untersuchungsgebieten bestand der Mageninhalt zum größten Teil aus Samen und Getreide, sodass davon auszugehen ist, dass dies auch der wichtigste Teil der Ernährung im Freiland darstellt. Getreide macht unabhängig von Jahreszeit oder Lebensraum immer etwa die Hälfte der Nahrung aus. In manchen Habitaten werden saisonal nach Verfügbarkeit durchschnitllich mehr oder weniger Wirbellose (Fortpflanzungsperiode), Wurzeln und grüne Pflanzenteile (nach der Ernte) oder Früchte (in Gärten) aufgenommen

Mulungu et al (2011) schließen daraus, dass M. natalensis ein Generalist ist, der sich zwar von dem ernährt, was vorhanden ist, jedoch vor allem Samen und Getreide bevorzugt und somit eine Bedeutung als Ernteschädling hat.

Proteinversorgung und Fortpflanzungserfolg

Es bleibt nicht vollständig geklärt, welcher Art die außerhalb von Afrika gezüchteten Vielzitzenmäuse angehören. In der Heimtierliteratur und auf Info-Webseiten finden sich die Bezeichnung als Natal-Vielzitzenmaus (Mastomys natalensis) und Südliche Vielzitzenmaus (Mastomys coucha) gleichermaßen. Wahrscheinlich ist, dass es sich um letztere handelt (vgl. Kräh 2019). In einer vergleichenden Studie von Mastomys coucha und der als Schädling bekannten Mastomys natalensis stellten Jackson & van Aarde (2004) Unterschiede in den Ernährungsbedürfnissen der ansonsten nah verwandten Arten fest. Untersucht wurde die Reproduktionsfähigkeit in Abhängigkeit von der Nahrungsqualität.

 

Bei einer proteinarmen Fütterung (<6 %) brachte M. natalensis nur noch kleine Würfe, während M. coucha die Fortpflanzung insgesamt einstellte. Der Reproduktionserfolg bei M. coucha war am besten bei einem Proteingehalt von 10 - 15 % und sank bei 20 %.

 

Jackson & van Aarde (2004) konnten zeigen, dass Mastomys natalensis deutlich weniger empfindlich auf den Proteingehalt in der Nahrung reagiert und deshalb wahrscheinlich eher Potenzial als Ernteschädling hat. Für die Haltung und Zucht lässt sich jedoch auch feststellen, dass dem Proteinanteil im Futter besondere Beachtung geschenkt werden sollte.

Proteinversorgung und Aufwachsen der Jungtiere

Lamb (2000) hat sich mit der Reproduktion von Mastomys natalensis in Abhängigkeit von der Futterqualität genauer befasst. Untersucht wurden unter anderem der Einfluss die Fortpflanzungsleistung, die Intensivität der Fürsorge für die Welpen und das Wachstum der Jungen von der Geburt bis zur Entwöhnung jeweils bei hoher (20 %), mittlerer (15 %) und niedriger (10 %) Proteinversorgung.

Muttertiere, die proteinreich ernährt wurden, waren demnach größer als solche die proteinarm ernährt wurden. Je höher der Proteingehalt der Fütterung, desto mehr männlicher als weiblicher als Nachwuchs wurde geboren. Bei einer mittleren Proteinversorgung wurden signifikant größere Würfe produziert als bei niedriger Proteinzufuhr.

Bei der Entwöhnung waren Jungtiere, deren Mütter proteinreich (20 %) ernährt wurden, größer, schnellwüchsiger und hatten einen höheren Anteil an Muskelgewebe, während Welpen von proteinarm (10 %) ernährten Muttertieren mehr Fettmasse aufwiesen. Die schnellste Wachstumsrate hatten Jungtiere deren Mütter mit 15 % Proteinanteil ernährt wurden.

 

Aus der Untersuchung von Lamb (2000) lässt sich schließen, dass für einen maximalen Reproduktionserfolg mit großen Würfen, schnell und groß wachsenden Jungtieren eine Futterzusammenstellung mit 15 % Protein optimal ist.

Zusammenfassung

Auch wenn nicht sicher ist, welcher Art die in der Kleintierhaltung und Terraristik verbreitete Vielzitzenmaus nun wirklich angehört, können die vorliegenden Studien Hinweise auf eine adäquate Ernährung von Mastomys geben. Eine wichtige Rolle spielen hier Samen und Getreide, die den Hauptteil der Nahrung (ca. 50%). ausmachen. Zusätzlich sollten tierische Nahrung (zum Beispiel in Form von Wirbellosen), grüne Pflanzenteile und Gemüse angeboten werden. Insgesamt sollzr der Proteingehalt vor allem bei der Zucht 15% betragen.

mehr

 

Jackson, T. P. & R. J. van Aarde (2004): Diet quality differentially affects breeding effort of Mastomys coucha and M. natalensis: Implications for rodent pests. Journ Exp Zool A Comp Exp Biol. 2004 Jan 1;301(1). S. 97-108. 10.1002/jez.a.20006

 

Kräh (2019): Vielzitzenmäuse. https://ratfrett.jimdo.com/tiere/vielzitzenm%C3%A4use/

 

Lamb, C. E. (2000): The Influence of Maternal Protein Intake on Aspects of Sex-specific Foetal and Neonatal Development in Mastomys natalensis. Masterthesis. Faculty of Biological and Agricultural Sciences. University of Pretoria, South Africa.

 

Mulungu, L. et al (2011): Dietary preferences of the multimammate mouse (Mastomys natalensis, Smith 1832) across different habitats and seasons in Tanzania and Swaziland. CSIRO Wildlife Research 38. S. 640–646.  https://www.researchgate.net/publication/230030049_Dietary_preferences_of_the_multimammate_mouse_Mastomys_natalensis_Smith_1832_across_different_habitats_and_seasons_in_Tanzania_and_Swaziland