Artgesellschaft Akazienratte und Nilstachelmaus

Zwar handelt es sich bei Akazienratten (Thallomys) und Dunklen Nilstachelmäusen (Acomys cahirinus cahirinus) jeweils um afrikanische Mäusearten, jedoch liegen die jeweiligen Verbreitungsgebiete etwa 6000 km voneinander entfernt: Während die in Europa gehaltenenen Akazienratten aus Tansania stammen, kommen Nilstachelmäuse vor allem in Ägypten vor.

 

Inspiriert von einem Bericht über die Gemeinschaftshaltung von Akazienratten und Sinai-Stachelmäusen (A. dimidiatus) im Zoo Stralsund, habe ich im Spätsommer 2018 versuchsweise 2,2 Nilstachelmäuse mit einer Gruppe Akazienratten vergesellschaftet. Ähnliche Versuche sind hier nachzulesen:

Vorannahmen

Während die Dunkle Nilstachelmaus mit etwa 30 - 40 g Körpergewicht eher eine typische Mäusegröße hat, ist die Akazienratte mit ca. 80 g mehr als doppelt so schwer.

 

Lebensraum und Lebensweise unterscheiden sich deutlich:

Die arborealen (baumbewohnenden) Akazienratten sind an Akazienbäume gebunden und in Wäldern, Baumsavannen und Akazienbuschland Südostafrikas zu finden. Die Dunkle Nilstachelmaus wurde in erster Linie Siedlungsgebieten nachgewiesen. Zwar istsie klassischerweise ein Bodenbewohne, jedoch berichten sämtliche Halter_innen davon, dass ihre Nilstachelmäuse sehr geschickt klettern und eine Haltung in hohen Terrarien oder Volieren den Bedürfnissen der Tiere eher gerecht wird.

 

Beide Arten werden als omnivor beschrieben. In vielen Haltungsberichten wird für Stachelmäuse eine Ernährung mit (mehlhaltigen) Saaten, frischem Grünfutter sowie Insekten empfohlen. Dies deckt sich mit  Beobachtungen in der Natur. Die Empfehlungen zur Fütterung von Akazienratten in Gefangenschaft unterscheiden sich jedoch deutlich von Freilandberichten. Viele Halter_innen kombinieren verschiedene Saaten und süßes Obst mit Insekten, Katzentrockenfutter oder Igelfutter als Proteinquelle. Magenuntersuchungen von wilden Akazienratten weisen jedoch darauf hin, dass die Tiere vor allem folivor sind, sich also vor allem von Blättern, Blüten und Knospen ernähren. Erst dann folgen Früchte, Samen und Insekten.

Umsetzung

Eine Gruppe von 2,2 erwachsenen Dunkler Nilstachelmäuse wurde in das Holzterrarium mit einem Besatz von 3,6 Akazienratten umgesiedelt. Die Zusammenführung fand ohne besondere Vorkehrungen oder Vergesellschaftungsmethoden statt. Als Zeitpunkt wurde der frühe Abend gewählt, der Beginn der Aktivitätszeit der beiden Arten. Die Tiere waren bei den ersten Begegnungen nicht aneinander interessiert. Weder die Größe der Akazienratten, noch die schnelle Fortbewegungsweise der Nilstachelmäuse schienen die jeweils andere Art zu beeindrucken. Nur wenige Sekunden nach der Zusammenführung saß eine Nilstachelmaus so nah neben einer Akazienratte auf einem waagrechten Ast, dass sich die Tiere fast berührten. Aggressionen unter den Arten blieben größtenteils aus. Lediglich das älteste Akazienratten-Männchen, das auch hin und wieder jüngere Männchen durch die Voliere treibt, versucht im Zuge dessen die Nilstachelmäuse zu attackieren, was jedoch bisher ohne Schäden verlief.

 

Erwartungsgemäß haben die verschiedenen Arten das Hochterrarium nicht der Höhe nach aufgeteilt. Die bodenbewohnenden Nilstachelmäuse und die baumbewohnenden Akazienratten nutzen alle Bereiche des 1,80 m hohen Terrariums. Nach jeder Reinigung oder Umgestaltung der Einrichtung wählen die Stachelmäuse jedoch einen Unterschlupf und einen bevorzugten Kletterast für sich, die von den Akazienratten meist nicht genutzt werden. Ebenso sind Höhlen vorhanden, deren Eingangslöcher so klein sind, dass sie nur von Nilstachelmäusen genutzt werden können.

 

Bei der Fütterung wird der vermuteten Diabetesanfälligkeit der Dunklen Nilstachelmaus Rechnung getragen. Die Tiere erhalten täglich eine Mischung aus Wellensittich- und Großsittichfutter und eine Auswahl von Grünfutter (Salate, Gräser, Kräuter, Blätter von Bäumen und Sträuchern, Grünlilie, Tradeskantie etc.). Hinzu kommen hin und wieder Obst, Beeren, Nüsse, Baumfrüchte (Ahorn), Alleinfutter für Ratten, Eifutter, lebende Insekten u. a.

größtenteils erfolgreich

Akazienratte und Dunkle Nilstachelmaus sind nachtaktiv, sodass die Wachphasen beider Arten annähernd deckungsgleich sind. Bei der Fütterung fressen beide Tiere gleichzeitig ohne Streitigkeiten. Die Interaktion untereinander hält sich in Grenzen. Weder Akazienratten noch Nilstachelmäuse lassen sich bei ihren natürlichen Aktivitäten (Futtersuche, Laufradlaufen, Trinken, Sozialverhalten, Körperpflege) durch die direkte Anwesenheit der Mitbewohner stören. Aggressionen vonseiten männlicher Akazienratten gegenüber Nilstachelmäusen sind äußerst selten und scheinen die sehr schnellen und wendigen Stachelmäuse nicht weiter zu stören.
Einzig die Nachzucht hat seit der Vergesellschaftung noch nicht bei beiden Arten geklappt. Während die Akazienratten unverändert regelmäßig nachzüchten und die Jungtiere problemlos großziehen, ließ sich bei den Stachelmäusen bisher weder ein Wurf noch eine Trächtigkeit beobachten.


Bisher (Stand: 02/2019) kann die gemeinsame Haltung von Akazienratten und Dunklen Nilstachelmäusen als problemlos für die Tiere und eine Bereicherung für den_die Halter_in betrachtet werden. Ein voller Erfolg wäre sicherlich die erfolgreiche Aufzucht von Jungtieren bei beiden Arten.

mehr

Kräh, S. (2016): Akazienratte
Kräh, S. (2018): Dunkle Nilstachelmaus

Kräh, S. (2015): Artgesellschaft Akazienratte und Streifenmaus

Kräh, S. (2013): Gemeinschaftshaltung von Mäusen