Rhabdomys pumilio & Rhabdomys dilectus

Ich erhielt 2006 eine kleine Gruppe von Striemengrasmäusen. Die Tiere waren damals unter dem Namen Rhabdomys pumilio bekannt und relativ häufig anzutreffen. Den meisten Autor_innen zufolge handelte es sich um die einzige Art der Gattung Rhabdomys.
Mittlerweile liest man immer häufiger von der sogenannten Feuchtgebiets-Striemengrasmaus (Rhabdomys dilectus), die neben der altbekannten pumilio-Form gezüchtet und gehandelt wird.
Was hat es mit den beiden Arten auf sich? 

Uneinigkeit

Ob es nun eine, zwei oder mehr Arten von Rhabdomys gibt, ist Ansichtssache. Happold (2015) erkennt nur Rhabdomys pumilio an, verweist jedoch darauf, dass Rambau & Robinson (2003) wie auch Musser & Carleton (2005) zwei Arten unterscheiden.
R. pumilio ist demnach die eher westliche Form, zu finden in ariden (xeric) Habitaten von West-Südafrika, dem nördlichen Namibia, Mittel- und Süd-Botswana und Südwest-Angola.
R. dilecetus ist als eher östliche und nördliche Form anzusehen, die gemäßigte bis feuchte (mesic) Gebiete in Uganda, Kenia, Ost-Simbabwe und Ost-Südafrika bewohnt.

 

Coetzee & van der Straeten (2008) nennen die Möglichkeit, dass es sich bei Rhabdomys um einen Komplex von fünf möglichen Arten handeln kann, folgen jedoch Happold, der dilcetus als Unterart in Rhabdomys pumilio subsumiert.

Rhabdomys pumilio

Küsten-Steiemengrasmaus(Rhabdomys pumilio) | Foto: E. Neideck
Küsten-Steiemengrasmaus(Rhabdomys pumilio) | Foto: E. Neideck
Die Haltung und Zucht begann in Europa spätestens 1967: Laut zootierliste.de wurde die Art im gleichen Jahr im Zoo London eingeführt und auch nachgezüchtet. Spätestens ab 1975 war die Striemengrasmaus dann auch in Deutschland zu sehen. Der Zoo Frankfurt hat zwischen 1975 und 1980 nachgezüchtet. Später erfolgten dann auch vereinzelte Haltungen in Privathand: Schmidt (1979) berichtet von Tieren die er aus dem Ruhrzoo Gelsenkirchen und einer Zoohandlung in Hannover erhalten hat.
Etwa um Mitte der 00er Jahre war die Art dann relativ häufig in der Terrarienhaltung anzutreffen und wird seitdem auch durchgehend in der Tierbestandsliste der BAG Kleinsäuger gemeldet. Ab 2013 unter dem deutschen Namen Küsten-Striemengrasmaus. In öffentlichen Ausstellungen findet man die Tiere derzeit noch im Privaten Museum Berlin-Marienfelde, im Münchner Tierpark Hellabrunn und im Zoo Wuppertal.

Rhabdomys dilectus

Feuchtgebiet-Striemengrasmaus(Rhabdomys dilectus) | Foto: E. Neideck
Feuchtgebiet-Striemengrasmaus(Rhabdomys dilectus) | Foto: E. Neideck
Rhabdomys dilectus wurde wohl erstmals 2002 vom Plzener Zoo aus Südafrika importiert. Später erfolgte ein weiterer Import aus Tansania im Jahr 2009. Ab 2010 wurde die Feuchtgebiets-Striemengrasmaus dann unter anderem auch im Zoo in Leipzig gezeigt. Größere Verbreitung in europäischer (Privat-)Haltung fand die neue Art jedoch erst ab 2010: Im Forum des Mäuseasyls wurde im April 2010 Wildfangnachtzuchten der Art mit Fotos vorgestellt. Und dies wahrscheinlich größtenteils unerkannt. In deutschen zoologischen Einrichtungen findet man Rhabdomys dilectus heute in Chemnitz, Eisenberg, Hannover und Magdeburg. Darüber hinaus taucht sie in den Tierbestandsmeldungen der BAG Kleinsäuger von mindestens 2011 bis 2015 durchgegend auf. Hier meldet der Zoo Plzen die tansanische Form separat als "Feuchtgebiets-Striemengrasmaus aus Tansania, Rhabdomys dilectus (diminutus)".

Unterscheidung

Hauptausschlag für die Unterscheidung von zwei Arten ist eine Genanalyse von Rambau & Robinson, nach der R. pumilio einen Chromosomensatz von 2n = 48 hat und R. dilectus 2n = 46 oder 48. Darüber hinaus wird das Fell von R. dilectus als dunkelbraun oder dunkelgrau beschrieben, während das Fell von R. pumilio vergleichsweise blasser sei. Im Freiland ist klar zu beobachten, dass der das eher kleine Verbreitungsgebiet von R. pumilio trockenene Savannen bis wüstenähnliche Lebensräume Gebiete umfasst, während R. dilcetus in gemäßigten Feuchtgebieten zu finden ist. Darüber hinaus soll Rhabdomys dilectus im Gegensatz zu pumilio eher solitär leben und es sollen Unterschiede im Paarungsverhalten bestehen. (ebd.)

Tatsächlich sehen sich die beiden Arten jedoch sehr ähnlich, sodass eine Unterscheidung ohne weiteres Hintergrundwissen kaum möglich erscheint. In der Diskussion unter Halter_innen wird teilweise auch auf verschiedene Färbungen hingewiesen. Demnach soll Rhabdomys dilectus bräunlicher (rötlich-braun) sein und Rhabdomys pumilio eher grauer. Die charakteristische Vier-Striemenzeichnung auf dem Rücken sei aber identisch. Auf der Webseite zootierliste.de finden sich einige Fotos beider Arten.
Genauere Informationen zu Fanggebieten der Vorfahren sind derzeit die am einfachsten zu beschaffende Bestimmungshilfe.

  Rhabdomys pumilio Rhabdomys dilectus
Deutscher Name Küsten-Striemengrasmaus Feuchtgebiets-Striemengrasmaus
Englischer Name Xeric African Striped Mouse Mesic African Striped Mouse
In Europa seit spätestens 1967 2002
In deutschen Zoos seit spätestens 1975 2010
In deutschen Privathaltungen seit spätestens 1979 2010
Lebensraum trocken gemäßigt/feucht
Lebensweise sozial eher solitär
Chromosomenzahl 48 46-48
Fellfarbe gräulich bräunlich
Fellfarbe (Rambau & Robinson) blasser grau oder braun dunkel grau oder braun

mehr

Happold, D. C. D. (2015): Genus Rhabdomys. In: J. Kingdon et al: Mammals of Africa.
Coetzee, N. & E. van der Straeten (2008): Rhabdomys pumilio. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T19436A8892276. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2008.RLTS.T19436A8892276.en.

Musser G.G. & M.D. Carleton,  (2005): Superfamily Muroidea. In: D.E. Wilson and D.A. Reeder (Hrsg.), Mammal Species of the World: a geographic and taxonomic reference, S. 894-1531. The John Hopkins University Press, Baltimore, USA.
Rambau, R. V. & T. J. Robinson (2003): Molecular genetics of Rhabdomys pumilio subspecies boundaries: mtDNA phylogeography and karyotypic analysis by fluorescence in situ hybridization (FISH). Molecular Phylogenetics and Evolution 28. S. 564–575.
Schmidt, H. (1979): Nagetiere. Biologische Besonderheiten, Arten, Haltung und Zucht. Albrecht Philler Verlag, Minden