Die zoologische Systematik ist eine wissenschaftliche Konstruktion, die versucht, Tiere anhand bestimmter Merkmale in eine Ordnung zu bringen. Da die Natur sich selten an menschengemachte Regeln
hält und die Wissenschaft nicht nur neue Erkenntnisse sondern auch neue Technologien hervorbringt, um Erkenntnis zu erlangen, ist diese Systematik auch ständiger Veränderung unterworfen. Es wird
umbestimmt und neubestimmt, Unterarten erhalten Artstatus oder derselbe wird anderen aberkannt.
Die Halter_innen von Kornnattern mussten sich nach einer Neubestimmung daran gewöhnen dass ihre Tiere nun nicht mehr den wissenschaftlichen Namen Elaphe guttata tragen, sondern fortan
unter Pantherophis guttatus geführt wurden. Bis auf Weiteres.
Auch bei der Afrikanischen Zwergmaus oder Knirpsmaus gab es vor einiger Zeit eine Neuigkeit zu verkünden. Die bei uns gehaltenen Tiere wurden offenbar umbestimmt. Auf einigen Webseiten liest man nun statt des wissenschaftlichen Namens Mus minutoides die Bezeichnung Mus mattheyi oder Mattheys Zwergmaus (vgl. Zootierliste, VdZ, Wilhelma). Durchgesetzt hat sich diese Umbestimmung bisher noch nicht. Auch in der Tierbestandsliste der Bundesarbeitsgruppe (BAG) Kleinsäuger werden wahrscheinlich die gleichen Tiere entweder als Mus minutoides oder Mus mattheyi gemeldet.
Afrikanische Zwergmäuse sind in der Terrarienhaltung schon jahrzehntelang sehr beliebt. Seit auch Exemplare aus verschiedenen Fanggebieten importiert wurden, stellte sich hin und wieder die
Frage, ob all diese Tiere überhaupt noch der gleichen Art oder Unterart angehörten. Die Systematik ist relativ undurchsichtig und enthält einige Besonderheiten.
Bestimmung anhand der Zitzenanzahl
Die Gattung Mus ist sehr formenreich: Sie umfasst auch die Hausmaus Mus musculus und deren domestizierte Form, die Farbmaus. Die Afrikanischen Zwergmäuse werden hier in die Untergattung Nannomys (Wilson &
Reeder 2005) eingeordnet. Innerhalb derer wurde u.a. ein minutoides-musculoides-Komplex identifiziert, für den, wie die
Autor_innen betonen, eine systematische Revision nötig ist (ebd.).
In Kingdons Mammals of Africa findet sich ein Hinweis, der zur vorläufigen Auflösung beitragen könnte: Statt sich mit mit Chromosomenzahlen und kaum erkennbaren Schädelabweichungen zu
beschäftigen, kann diesem Werk folgend auch einfach die Zahl der Zitzen Klarheit über die Artzugehörigkeit der bei uns gehaltenen Knirpsmäuse schaffen: Laut Monadjem (2013) hat Mus minutoides 10 Zitzen (6 im Brustbereich und 4 im Leistenbereich) während Mus mattheyi lediglich 8 Zitzen (4
pectorale, 4 inguinale) hat (Petter 2013).
Auch wenn das Fell von Knirpsmäusen sehr kurz ist, so ist es doch relativ dicht und die Zitzen lassen sich oft selbst bei säugenden Weibchen schlecht mit dem bloßen Auge erkennen. Aus diesem
Grund hat eine befreundete Halterin bei einem verstorbenen Exemplar die Körperunterseite teilweise rasiert, um eine zweifelsfreie Angabe über die Zitzenzahl anstellen zu können. Ihre Zählung
ergab 10 Zitzen. Wird dieser Wert als Bestimmungsmerkmal genommen, handelt es sich bei dem Tier um Mus minutoides.
Diese Bestimmung gilt zunächst nur für das eine untersuchte Individuum. Es kann sicherlich sein, dass in Europa Knirpsmäuse mit 8 Zitzen gehalten werden. Ebenso ist möglich, dass das Anlegen anderer Unterscheidungskriterien (Chromosomenzahl, Schädelmerkmale) andere Ergebnisse liefert. Zu guter Letzt bleibt die Frage, ob wirklich nur zwischen den Arten minutoides und mattheyi unterschieden werden soll, oder eine vollkommen andere Spezies der Untergattung Nannomys gehalten wird. So haben auch die als ähnlich spezifizierten die Arten Mus haussa und Mus triton 10 Zitzen.
Monadjem, A. (2013): Mus minutoides. Tiny Pygmy Mouse. In: J. Kingdon (Hrsg.): Mammals of Africa, Vol. III.
Petter, F. (2013): Mus mattheyi. Matthey's Pygmy Mouse. In: J. Kingdon (Hrsg.): Mammals of Africa, Vol. III.
Wilson, D.E. & D. M. Reeder (Hrsg.) (2005): Mus musculoides. Mammal Species of the World. A
Taxonomic and Geographic Reference
Kommentar schreiben
Mirjam (Samstag, 20 April 2024 21:15)
Hoi
Es scheint in der Hobbyhaltung mittlerweile 2 Gruppen zu geben.
1) ist mehrheitlich dunkelbraun (mit einer blauen Farbvariante)
2) ist mehrheitlich hellbraun/sandfarben, und wird meiner Erfahrung nach etwas grösser. Die Tiere sind eher ruhiger.
Ich habe hier beide Varianten sitzen.
Habe bis jetzt mehrere Aussagen gehört von Farbvarianten innerhalb der gleichen Art oder Unterarten. Finde auf den ersten Blick keine weiteren Details hierzu, können Sie mir helfen?