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In der Labor- und Heimtierzucht kommt es immer wieder zu spontanen Farbmutationen, die je nach Tierart in größerem oder überschaubarem Umfang das allgemeine Interesse von Halter_innen und
Züchter_innen erregen.
Bei den Degus haben sich seit Ende der 1990er Jahre mit der Blauaufhellung, der Scheckung und der Rotmutation drei Farbgene etabliert, welche durch Kombinationen untereinander besonders in
letzter Zeit eine stets buntere Palette an Degus hervorbringen.
Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Mutation auftaucht und die Degu-Fans ins Taumeln bringt. Gerüchte über schwarze Degus die irgendwo in den USA, Tschechien oder den
Niederlanden (gewesen) sein sollen, tauchten regelmäßig auf, haben sich aber nie vollständig bestätigt. Dann kam eine neue Meldung: Im Herbst 2014 soll jemand in einem französischen Zoohandel
einen schwarzen Degu gekauft haben.
Die Bestätigung kam dann im Februar 2015 mit einem Foto. Ein vollkommen schwarzes Tier mit etwas lädiertem Schwanz soll der erste schwarze Degu auf der Welt sein.
Genetik
Bisher sind die Informationen zu dieser Mutation noch sehr vage, da sie größtenteils auf Vermutungen basieren. Nachgewiesen ist, dass es sich um eine rezessive Mutation handelt. Am
wahrscheinlichsten ist, dass es sich hierbei um Non-Agouti (a/a) handelt. Eine Mutation die wir von sehr vielen anderen Nagetierarten kennen und immer das gleiche bewirkt: Das Haar bildet kein rotes Phäomelanin mehr und das schwarze Eumelanin erstreckt sich von der
Wurzel bis zur Spitze durch das gesamte Haar. Somit ist das Tier vollkommen schwarz.
Da diese Mutation bei Nagetieren sehr häufig (selbst im Freiland) vorkommt, war abzusehen dass irgendwann auch der erste schwarze Degu geboren wird. Es erinnert ein wenig an die frühen 1990er
Jahre als die Non-Agouti-Mutation mit einiger Verspätung endlich auch bei Goldhamstern auftauchte und somit vollkommen neue Farbvarianten möglich waren, auf die viele Züchter_innen schon lange
gewartet haben.
Kombinationen mit den bestehenden Farbschlägen
Ebenso wie bei den Goldhamstern fragt man sich nun auch, welche neuen Kombinationen mit den bestehenden Degu-Farbformen möglich sind.
Relativ einfach zu beantworten ist dies im Fall der Scheckung (W/w). Die Scheckung verhindert an bestimmten Fellpartien jede Bildung von Pigmenten, sodass das Haar an den
betroffenen Stellen weiß ist. Und dies geschieht ganz unabhängig von der Farbe die das Fell eigentlich haben sollte. Somit sind wohl sehr bald die ersten Black Schecken (a/a W/w) zu erwarten.
Die Kombination der Blauaufhellung oder Dilution (d/d) mit dem neuen Non-Agouti führt zu einem durchgehend blaugrau gefärbten Tier. Die Dilution-Mutation wirkt vor allem auf das
Eumelanin im Haar: Die schwarzen Farbpigmente verklumpen, sodass das Fell graublau wirkt. Auch das rote Phäomelanin wird leicht aufgehellt. Anschaulich umschrieben verklumpt Orangebraun zu Gelb.
Da Non-Agouti die Ausbildung von Phäomelanin jedoch hemmt und ausschließlich schwarzes Eumelanin produziert, sind nun erstmals vollkommen einfarbig blaue Tiere zu erwarten. Die Degu-Szene wird
sich nun darauf einstellen müssen, sprachlich zwischen dem bisher gekannten Blue Agouti (d/d) und dem echten Blue (a/a d/d) zu unterscheiden. Natürlich ist auch hier die Kombination mit der Scheckung möglich. Blue Schecken (a/a d/d W/w) werden
wahrscheinlich nicht leicht von Blue Agouti Schecken (d/d W/w) zu unterscheiden sein.
Ein großes Fragezeichen wirft sehr wahrscheinlich bei den meisten die Kombination von Non-Agouti mit der für die Rotfärbung verantwortlichen Extension-Mutation
(e/e) auf. Während Non-Agouti alles Rot durch Schwarz ersetzt, bewirkt Extension das Gegenteil: Die Ausbildung von Eumelanin wird gehemmt und das rote Phäomelanin
breitet sich im gesamten Haar aus. Es stehen sich also zwei sehr konträre Mutationen gegenüber, die als Kombination
(a/a e/e) kaum vorstellbar sind. Es ist davon auszugehen, dass sich entweder die eine oder die andere Farbe durchsetzen wird. Das heißt die Tiere sind entweder schwarz oder rot.
Hierzu ist es auch hilfreich, über den Tellerrand hinaus zu blicken, welche Erkenntnisse es bereits von anderen Tierarten gibt. Bei Pferden sind beide Mutationen ebenfalls bekannt. Hier ist es
so, dass Tiere mit e/e immer gleich gefärbt sind, unabhängig davon, wie der A-Locus aussieht. Ähnliches gilt für Farbmäuse: A/- e/e und a/a e/e werden beide Recessive Red genannt.
Lediglich die Intensität des Rots soll bei der Kombination mit a/a stärker sein.
Auch bei Rennmäusen sind sowohl Non-Agouti als auch eine Extension-Mutation (Fuchs-Gen) bekannt. Jedoch wirkt letzteres etwas anders als bei Degus. Kohlfüchse (a/a e/e) bleiben wohl ein
exklusives Phänomen der Rennmäuse.
Es ist am ehesten wahrscheinlich, dass sich wie bei Pferd, Farbmaus und wohl auch Dsungarischem Zwerghamster Tiere mit dem Gencode a/a e/e sich äußerlich nicht oder kaum von den normalen roten
Tieren (A/A e/e) unterscheiden.
Gleiches gilt natürlich für die Kombination mit Cream (a/a d/d e/e ).
Ausblick
Es ist sehr gut verständlich, dass neue Farbschläge immer große Begeisterung und Euphorie hervorrufen. Es ist ebenso verständlich, dass sich diejenigen die bemüht sind, einen Farbschlag zu
etablieren, auch einen entsprechenden Preis für ihre Nachtzuchten verlangen. Manchmal sind Kosten für etwaigen Import entstanden oder jemand hat sehr viel Arbeit investiert. Ebenso ist es ein
einfaches Gesetz des Marktgleichgewichtes nach dem der Preis eines seltenen Angebot bei hoher Nachfrage eben steigt. Jedoch hat sich insbesondere bei den roten Degus gezeigt, dass hier oft das
Geld im Vordergrund stand und zulasten der Tiere vollkommen hemmungslos produziert wurde. Die Devise scheint immer noch zu sein, sich die begehrten und damit teuren Farbdegus anzuschaffen und
dann durch den Verkauf der Nachkommen wieder zu refinanzieren. Die Zahl derer, die Degus vermehren ist dadurch sprunghaft gestiegen. So etwas ist keine Zucht und schadet sowohl dem einzelnen Tier
als auch der gesamten Population. Zucht muss mit Sachkunde und Ernsthaftigkeit betrieben werden und nicht mit dem Ziel, Geld zu verdienen. Es reicht nicht aus, Farben zu kombinieren und die neuen
Farbformen dann zu immer höheren Preisen anzubieten. Der Fokus nur darauf lässt nicht nur das passionierte Verhältnis zwischen Züchter_in und Tieren verkümmern, sondern vor allem rücken andere
viel wichtigere Zuchtmerkmale wie Gesundheit (v.a. Zahngesundheit), Lebensdauer, Sozialverhalten, Fellqualität etc. in den Hintergrund. Was bringen Degus in den verrücktesten Farben, wenn sie
nicht mehr lebensfähig sind und Weibchen bei der Geburt versterben?
Es bleibt zu hoffen, dass bei der neuen Farbvariante Black niemand sich der Aussicht auf das große Geld hingibt und genauso wenige versuchen auch ein Stück vom Kuchen abzuhaben.
english summary
In November 2014 a new recessice non-agouti mutation of the degu (Octodon degus) popped up in France. The first photos of a Black specimen got published in February 2015.
There are now many new combinations possible with this new gene (a/a). The combination with Piebald (W/w) is thought to be Black Piebald. The combination with the blue dilution (d/d) is
thought to be solid Blue (a/a d/d) as we know it from mice, rats and other rodents.
Presumably the non-agouti mutation has no impact on the Sand/Red (e/e) nor on Cream (d/d e/e). The extension of the red phaeomelanine causes the black eumelanine to vanish.
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