Bei der Haltung von omnivoren oder insectivoren Heimtieren ist es ratsam bis unabdingbar auch lebende Insekten als Futter anzubieten. Diese sind mittlerweile relativ einfach in Zoofachgeschäften
oder bei Onlinehändler_innen zu erhalten. Dennoch kommt gerade bei der Haltung mehrerer Tiere und somit einem größeren Bedarf an Insekten relativ bald der Gedanke, dass sich eine eigene Zucht
lohnen könnte. Eine eigene Futterzucht die sich selbst erhält und genügend Überschuss zum Verfüttern hervorbringt, ist jedoch ein Projekt, das kaum einfach mal so nebenbei praktiziert werden
kann. Die häufig im Handel angebotenen Heimchen, Grillen und Heuschrecken haben hohe Haltungsansprüche. Die Zucht ist nur unter optimalen Bedingungen zu bewerkstelligen.
Viel einfacher zu halten und zu züchten sind dagegen Mehlwürmer, die Larven des Mehlkäfers. Sie entwickeln sich schnell und die Zucht mit herausragend geringem zeitlichen Aufwand auf wenig Raum
zu gewährleisten. Der Nachteil ist, dass das Verhältnis von Protein zu Fett bei Mehlwürmern nicht annähernd an die Nährwerte der vorher genannten Arten heran kommen. Hinzu kommt, dass der
Chitinpanzer einen großen Teil des Tieres aus macht.
Art | Protein in % |
Fett in % |
Heuschrecke |
23 | 4 |
Steppengrille | 19 | 5 |
Heimchen/Kurzflügelgrille | 17 | 6 |
"Buffalo-Würmer" | 18 | 7 |
Zophobas-Larven | 19 | 20 |
Mehlkäferlarven | 18 | 18 |
Wachsraupen | 19 | 24 |
Das Protein-Fett-Verhältnis 5:1 bei der Heuschrecke wird als optimal bewertet.
Grundsätzlich ist ein gutes Futtertier dadurch gekennzeichnet, dass der Fettgehalt relativ niedrig und der Proteinanteil eher hoch ist. Die oben genannten Tiere mit dem besten Verhältnis haben jedoch auch die größten Ansprüche an die Haltung und Zucht. Genug Platz, hohe Temperaturen, ausreichende Luftfeuchtigkeit bei guter Belüftung. Besonders die Heuschrecken brauchen zusätzlich noch ständig frisch gezogene Weizenkeime. Hinzu kommt, dass die Eier in leicht feuchtes Substrat gelegt werden und man sie für beste Ergebnisse separat inkubieren muss. Mehlwürmer als einfach zu züchtende Arten haben wie gesagt ein eher schlechtes Protein-Fett-Verhältnis. Ebenso die um einiges größeren Schwarzkäferlarven (Zophobas morio). Einziger Lichtblick sind die als "Buffalo-Würmer" vermarkteten Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) deren Zucht hier sehr gut beschrieben ist. Dennoch sind diese Tiere mit etwa 13 mm relativ klein, was eine Produktion von vielen Individuen erfordert.
Es erweist sich also als schwierig, ein pflegeleichtes Insekt zu finden, das unproblematisch nachzüchtet und gleichzeitig ein gehaltvolles Futter für den eigentlichen Pflegling darstellt. Zudem
soll die Futtertierzucht nicht zu Belästigungen durch Geruchsentwicklung oder laute Geräusche (Zirpen) führen.
Eine Insektenart die sehr viele Vorzüge und wenige Nachteile in sich vereint ist die unter dem wohlklingenden Namen Schokoschabe bekannte Shelfordella lateralis. Die Tiere riechen nicht, geben keine Geräusche von sich, fühlen sich in großen Gruppen auch auf wenig Raum wohl, legen ihre Eier in Eipaketen (Ootheken) ab und sind auch ansonsten in Haltung und Zucht relativ anspruchslos. Zudem ist die Generationenfolge mit sechs Wochen sehr schnell und die Nährwerte sind vergleichsweise gut:
Art (Trockenmasse) |
Protein in % |
Fett in % |
Shelfordella | 53 | 27 |
Heuschrecken | 48,2g | 38,1 |
Mehlwürmer | 45,1g | 37,1 |
Da sich keine verlässlichen Daten für frische Schokoschaben finden ließen, konnte ich nur die jeweilige Trockenmasse gegenüberstellen. Der Informationsgehalt ist offensichtlich gering.
Schokoschaben als Futtertiere züchten
Schaben haben traditionell einen besonderen Ruf als Krankheiten übertragender Schädling, der sich explosionsartig vermehrt und neben einem Atomkrieg auch die Folgen eines Kammerjägereinsatzes überlebt. Um den größten Nachteil von Schokoschaben nun schon gleich zu Anfang zu nennen: Entlaufene Schaben können in der Wohnung überleben und sich bei entsprechend günstigen Bedingungen auch vermehren. Die Erfahrung zeigt jedoch dass die Tiere selten entwischen können und man einzelne Tiere schnell mit Klebefallen unschädlich machen kann.
Zuchtvoraussetzungen
Um eine gut laufende und sich selbst erhaltende Zucht sicherzustellen, sollte mit einer größeren Zahl an Tieren begonnen werden. Je nach Bedarf sollten 500 bis 1000 Individuen als
Ausgangspopulation angeschafft werden. Beginnt man mit weniger Tieren, kann es passieren, dass nach einiger Zeit wieder hinzugekauft werden muss. Schaben sind insgesamt sehr gesellig und auch
Shelfordella lebt gerne in sehr großen Gruppen zusammen. Zusammenleben in Massen befördert sogar die Vermehrung zusätzlich. Es ist also nicht unbedingt nötig, die Tiere in mehrere
Zuchtgruppen aufzuteilen. Man kann sie auch in einem ausreichend großen Behältnis zusammen halten. Die relativ schnellen und beweglichen Schaben sollten ausreichend Fläche zum Laufen und klettern
haben. Ein großes Terrarium oder eine mit ausreichend Lüftungsflächen ausgestattete Plastikkiste von etwa 80 x 40 cm Fläche reichen für eine Population von 1000 bis 2000 Schaben aus, sofern den
Tieren genügend Versteck- und Klettermöglichkeiten angeboten werden. Mit übereinander geschichteten Eierkartons und Papprollen lässt sich die tatsächliche Lauffläche für die Tiere um ein
Vielfaches erhöhen. Auch wenn die Tiere ausgesprochene Bodenbewohner sind und im Gegensatz zu anderen Schabenarten nicht an senkrechten Glasscheiben oder glatten Plastikwänden emporklettern
können, sollte das Behältnis für die Tiere stets dicht verschlossen sein. Eine Beleuchtung der Zuchtbox ist nicht notwendig. Shelfordella ist nachtaktiv und versteckt sich tagsüber in
dunklen Winkeln. Eher sollte eine Heizung angebracht werden, die für eine Temperatur zwischen 23 und 28° C sorgt.
Ernährung
Die Ernährung von Schokoschaben ist einfach zu bewerkstelligen, da sie wie andere Schaben auch sehr genügsam sind und echte Abfallverwerter sind. Grundsätzlich sollten Haferflocken und Hundetrockenfutter angeboten werden. Während einige Halter_innen die beiden Komponenten im Mischverhältnis 1:1 als Bodensubstrat einbringen, ist es ratsamer, das Trockenfutter in einer flachen Schale anzubieten. Dies vereinfacht die Reinigung der Zuchtkiste und verhindert auch dass hierbei ein Großteil des Futters ungefressen entsorgt wird. Ebenso wichtig wie das Grundfutter ist die regelmäßige Gabe von Frischfutter. Süßes Obst wird hier ebenso gerne genommen wie Gemüse, je nach Größe der Zucht reicht es oft den täglichen Gemüseverschnitt vom Kochen anzubieten. Sehr gerne genommen werden Karotte, Zucchini, Kürbis, Apfel und Banane. Die Futtermenge richtet sich nach dem, was innerhalb einer Nacht gefressen wird. Schaben gelten insgesamt als widerstandsfähige Insekten die auch lange Hunger- und Durstperioden aushalten. Für eine gut laufende Zucht ist jedoch eine gute Fütterung und der ständige Zugang zu Wasser (Wassergel, Dochttränke oder mit Watte gesicherte Tränke für Käfigvögel) Voraussetzung
Biologie der Schokoschaben
Shelfordella hat einen rasanten Entwicklungszyklus von wenigen Wochen. Die rotbraunen Nymphen sind sind beim Schlupf etwa drei Millimeter lang und die Geschlechter sind nicht voneinander zu unterscheiden. Bei optimalen Bedingungen wachsen die Tiere innerhalb von sechs Wochen zu einer Größe von etwa 25 mm heran und sind ausgewachsen. Nach der Imaginalhäutung sind nun die etwas breiteren, schwarzbraunen Weibchen deutlich von den hellbraunen beflügelten Männchen unterscheidbar. Nach wenigen Tagen beginnen die Tiere, sich zu paaren und das Weibchen legt von da an alle zwei Wochen ein Eierpaket (Oothek) in dunklen Bereichen seines Lebensraums ab. Diese Ootheken müssen nicht separat bebrütet werden. Aus jedem Eipaket schlüpfen nach maximal vier Wochen etwa 30 Jungtiere.
Zuchtmanagement
Neben der Sorge um optimale klimatische Bedingungen und die Versorgung der Tiere mit ausreichend Futter und Wasser hält sich der Pflegeaufwand einer Schokoschabenzucht in Grenzen. Eipakete und
Jungtiere können bei den ausgewachsenen Schaben verbleiben und Futterreste können einfach entfernt werden. Eine komplette Reinigung der Zuchtkiste sollte je nach Besatz und damit der anfallenden
Menge an Exkrementen etwa alle vier bis acht Wochen stattfinden. Wichtig ist, dass beim Austauschen des Bodengrunds (Papier, Lein- oder Hanfstreu) keine Ootheken oder Nymphen mit entsorgt
werden.
Um die Zucht stets weiter am Laufen zu halten, empfiehlt es sich, ausschließlich adulte Männchen zu verfüttern. Diese haben sich sehr wahrscheinlich bereits mit einem oder mehreren Weibchen
gepaart, welche nun durchgehend Nachkommen produzieren. Somit ist die Folgegeneration gesichert und die Zucht kommt nicht zum Zusammenbruch. Kommen mehr Schaben nach als gebraucht werden, kann
die Zucht auch gedrosselt werden: Zum einen funktioniert dies durch Absenken der Temperatur. Die Tiere entwickeln sich dann langsamer, paaren sich nicht mehr und legen kaum noch Eier. Ebenso
können ausgewachsene Weibchen verfüttert werden um dafür zu sorgen, dass weniger Jungtiere nachkommen.
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