Tiere für Kinder

Goldhamster und später auch Zwerghamster haben eine lange Tradition als Spieltier für Kinder hinter sich. Diese Einstellung hat sich besonders in jüngerer Vergangenheit gewandelt. Dass Tiere eine Bereicherung für die Entwicklung von Kindern sind, ist unbestritten, jedoch setzen sich Eltern immer mehr mit der Wahl des richtigen Hausgenossen auseinander.

Dass gerade nachtaktive und feingliedrig gebaute von so geringer Größe, wie Hamster es sind, sich über Generationen als Kindertier behaupten konnten, ist objektiv betrachtet wenig nachvollziehbar. Wir alle teilen eine kollektive Kindheitserinnerung von quietschenden Laufrädern und Hamstern die in Spielzeugautos sitzen, sei es im eigenen Spielzimmer oder beim Nachbarskind. Dass dies den Hamstern wenig Spaß bereitet hat ist heute so gut wie jedem_jeder Erwachsenen klar, jedoch stellt sich auch die Frage: Ist der Hamster auch für das Kind die richtige Wahl gewesen? Hat das Tier nicht ab und zu gezwickt, wenn man nach der Schule kurz mal das Schlafhäuschen hochgehoben hat? Hat er nicht unheimlich oft Krach gemacht, wenn man schlafen musste und war viel zu selten wach, wenn man sich mit ihm beschäftgigen wollte?

Niemand schaffte sich je besser informiert neue Haustiere an, als die Heimtierhalter_innen von heute es tun. Neben einer Fülle an spezialisierten Büchern bietet vor allem das Internet umfassende Informationen und sensibilisiert für Tierschutzfragen.
Eltern kaufen nun also nicht einfach einen Hamster für ihre Kinder, weil man das eben so macht, sondern sie lesen vorher, vergleichen, überdenken die Entscheidung. Und der allgemeine Tenor ist: (Zwerg)Hamster sind keine Kindertiere.

Dem kann ich bedingt zustimmen. Sicherlich gibt es, je nach dem, wie alt Kinder sind, Tiere die sich besser oder schlechter als Hausgenossen eignen, jedoch sollten Hamster nicht im Vornherein disqualifiziert werden. Es kommt darauf an, was Kindern vermittelt werden soll.

Um es gleich vorwegzuschicken: Selbstständig Verantwortung sollten Kinder für ein Tier nicht übernehmen müssen. Eltern sollten Heimtiere grundsätzlich mit betreuen und ein Auge auf die Pflege von Tieren haben. Und das bis in die Pubertät der Kinder hinein. Ist erst einmal geklärt, dass es sich bei den Tieren der Kinder um Hausgenossen handelt, um die sich die ganze Familie kümmert, sollte vereinbart werden, was man von den neuen Mitbewohnern erwartet.

Lebenserwartung und Halbwertszeit

Vielen Eltern ist es sehr recht, wenn Heimtiere von Natur aus nur eine kurze Lebenserwartung haben. Der Erfahrung nach verlieren viele Kinder schnell das Interesse an ihren Heimtieren, sodass es sich als praktisch erwiesen hat, wenn diese die Phase der ungeteilten Aufmerksamkeit nur knapp überdauern, statt noch über Jahre den Platz für andere Interessen zu blockieren. Es sei jedoch dahingestellt ob eine im Vorfeld wohlüberlegt ausgewählte Tierart, die den Erwartungen der Familie eher entspricht nicht vielleicht auch länger Begeisterung bei den Kindern hervorruft. Grundsätzlich lässt sich aber sagen: kleine Nagetiere leben oft nur eineinhalb bis drei Jahre, während man Kaninchen und Meerschweinchen gerne mal bis nach dem Schulabschluss des Kindes betreut. Jedoch ist die Beziehung, die ein Kind zu einem verspielten und fast schon hundeähnlichen Frettchen aufbaut, eine andere als die zu einem stets verschlafenen Goldhamster.
Der pädagogische Wert der Kurzlebigkeit ist ebenfalls ein Grund, warum Eltern eher solche Arten anschaffen, die nur wenige Jahre überdauern: Kinder lernen, das Leben als Ganzes zu erfassen. Sie sehen einen jungen Hamster groß werden, sind dabei wie er altert und erfahren mit seinem Tod, dass das Leben endlich ist.

Aktivitätsphasen und Respekt

Ein weiterer wichtiger Faktor ist ohne Frage die Aktivitätszeit. Die meisten Nagetiere sind vorwiegend dämmerungs- oder nachtaktiv. Manche kommen tagsüber sogar nie aus ihrem Bau. Während Goldhamster nur sehr selten tagsüber draußen sind, kommen Campbell-Zwerghamster teilweise sogar mehrmals am Tag aus dem Versteck. Vorwiegend tagaktive Nagetiere, wie Degus, Steppenlemminge, Stachelmäuse oder manche Rennmausarten sind eine Überlegung wert. Jedoch gibt es auch immer wieder Eltern, die sich bewusst für tag- und nachtaktive Tiere entscheiden, damit Kinder lernen, dass manche Lebewesen einen anderen Rhythmus als Menschen haben, nicht ständig verfügbar sind und in Ruhe gelassen werden müssen, bis sie selbst entscheiden, mit dem Menschen zu interagieren.

Kuschelfaktor

Natürlich darf bei aller Pädagogik auch der Spaß nicht ins Hintertreffen geraten. Kinder wollen sich mit ihrem Tier befassen. Auch haptisch. So sollte bei der Wahl des richtigen Hausgenossen darauf geachtet werden, dass die Tiere sich grundsätzlich anfassen lassen. Panische Individuen, Hektiker, Beißer und dergleichen kommen auch in den besten Tierfamilien vor, jedoch kann man das Risiko eingrenzen, indem man sich für gelassene Tierarten entscheidet, die leicht zähmbar sind und im Falle dass ihnen etwas missfällt, klare Signale geben. So bleiben Kaninchen und Meerschweinchen oft nur ruhig sitzen und lassen sich streicheln, weil sie einfach Angst haben (Meerschweinchen vermeiden selbst untereinander Körperkontakt, sodass Streicheln für sie höchst unangenehm ist). Rennmäuse sind oftmals sehr hektisch und lassen sich kaum fangen und festhalten. Dahingegen sind Farbmäuse leichter händelbar, jedoch schließen sie sich kaum "ihrem" Menschen an und sind für etwas grobmotorische Kinderhände zu zerbrechlich gebaut.

Handlicher und robuster sind hingegen Goldhamster, Zwerghamster, Farbratten und Degus. Sie sind wenig bissig, geben eindeutige Signale, wenn ihnen etwas missfällt und erkennen "ihre" Menschen als freundschaftlich Gesinnte an.

Fazit

Je nach dem, welche Werte einem Kind vermittelt werden sollen, eignen sich also verschiedene Tierarten besser oder schlechter. Ich empfehle seit vielen Jahren Farbratten als erstes Heimtier. Die Tiere sind am Tag, bei Dämmerung und nachts aktiv, sie sind viel stabiler gebaut als Mäuse und Zwerghamster, werden unheimlich schnell zahm, lassen sich gerne kraulen und weisen ungestüme Kinderhände klar in die Schranken (wobei sie dennoch in der Lage sind, angemessen und verständlich Vorwarnungen abzugeben). Und natürlich: Ihre Lebenserwartung ist gering.

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