Nagetiere standen und stehen auch heute noch in vielen Tierheimen im Schatten von Hunden und Katzen. Noch vor einigen Jahren gab sowohl in städtischen als auch in Vereinstierheimen kaum Sensibilität für Meerschweinchen, Ratten und Hamster. Tierschutzvereine, die auch nur eine_n einzige_n Nagetier-Liebhaber_in zu ihren Helfer_innen zählten, konnten sich zu Beginn steigender Neuaufnahmen von Kleintieren glücklich schätzen, während andere dem neuen Problem zunächst hilflos gegenüber standen.
Die wachsenen Zahlen von Kleinsäugerhalter_innen hat auch zu wachsenden Zahlen herrenloser Kaninchen und Nagetiere geführt. Gerade bei den kleinen Nagetieren mit starker Vermehrungsrate kommt es oft zu Fällen in denen gleich mehrere dutzend Individuen gleichzeitig ins Tierheim kommen (Animal Hoarding in einer Zweizimmerwohnung nimmt mit Ratten größere Ausmaße an als mit Hunden).
So gibt es mittlerweile nicht nur viele Tierheime, die Kapazitäten und Know-How für Kleintiere bereithalten sondern auch spezialisierte Initiativen. So arbeiten die Ehrenamtlichen des Mäuseasyl e.V. schon seit über 10 Jahren auf Bundesebene zusammen, um "Notfallmäusen" ein Zuhause zu geben. Neuste Entwicklungen sind mehrere private Hamsterhilfen, die überregional organisiert in ganz Deutschland agieren.
Sowohl die Hamsterhilfe NRW, als auch die Hamsterhilfen Nord, Südwest und OWL nehmen Hamster aller Art auf und vermitteln diese deutschlandweit.
Wie auch bei Hund und Katze kommt der Kauf von Nagetieren in Zoogeschäften nicht in Frage. Genauso sollten unseriöse Vermehrer_innen gemieden werden. Der_die zukünftige Halter_in hat also die Möglichkeit, sogenannte Notfalltiere oder "Notfelle" bei sich aufzunehmen, oder Jungtiere von Züchter_innen zu kaufen.
Für Hamsterhilfen spricht neben den offensichtlichen ideellen Gründen oftmals, dass die "Auswahl" an Tieren vergleichbar groß ist. Der_die Interessent_in kann sich Bilder im Internet ansehen oder bei einer Pflegestelle zu Besuch kommen und sich seinen_ihren künftigen Mitbewohnerselbst aussuchen, während der_die Züchter_in oft nur begrenzt viele Jungtiere zur Abgabe hat und es oft lange Wartelisten gibt. Der Kauf eines Hamsters "mit Geschichte" kann auch ein Argument für ein Tierheimtier sein.
Leider bleibt bei Hamsterhilfen immernoch das große Manko der Abgabebedingungen: Zwerghamster werden bei drei der oben genannten Initiativen ausschließlich in Einzelhaltung abgegeben. Die Hamsterhilfe Südwest geht sogar soweit, dass sie Halter_innen funktionierender Gruppen pauschal dazu rät, die Tiere sofort einzeln zu setzen. Dem gegenüber stehen die Erfahrungen vieler Halter_innen, bei denen Gruppenhaltung unter bestimmten Bedingungen sehr gut und dauerhaft funktioniert.
Sicher ist es nicht empfehlenswert, Zwerghamster die als Einzeltiere aufgewachsen und demnach sozial verkümmert sind, im Erwachsenenalter noch mit gleichgeschlechtlichen Partnern zu vergesellschaften. Allerdings ist das Trennen von Tieren, die sich offensichtlich vertragen auch der falsche Weg. Zwerghamster sind nämlich entgegen der noch immer verbreiteten Meinung keine Einzelgänger, sondern soziale Tiere. Auch wenn die Haltung von gleichgeschlechtlichen Paaren oder Gruppen schwieriger und eventuell riskanter ist, darf sie deshalb nicht abgelehnt werden. Die Entwicklung der letzten Jahre geht dahin, dass Hamster keine seelenlosen Kinderspielzeuge mehr sind sondern Wesen mit physischen und psychischen Bedürfnissen. Diesen sollte nicht nur mit immer größeren Käfigen, immer besserem Futter und medizinischer Versorgung entsprochen werden, sondern auch bei dem vielleicht schwierigsten, aber dennoch ebenso elementaren Thema des Sozialverhaltens.
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tina (Freitag, 04 März 2011 20:33)
Nicht alle HHs vermitteln nur in Einzelhaltung. Ich verwechsle es immer, aber entweder HH Nord oder NRW geben funktionierenden Gruppen die im Tierschutz "stranden" eine Chance und trennen nicht aus Prinzip.
Daniela Görgens (Sonntag, 06 März 2011 21:16)
NRW vermittelt nur in Einzelhaltung. Hatte dort mal wegen einer Gruppe angefragt, in Kaarst (nähe Düsseldort) sagte man mir, wir vermitteln prinzipiell nur in Einzelhaltung.
tina (Montag, 07 März 2011 16:16)
Habe mich umgehört - es ist die HH Nord. Habe von 2 Campbell-Gruppen gehört die über die HH Nord als Gruppen vermittelt wurden.