Während bei Kaninchen, Meerschweinchen und Wellensittichen die Tatsache, dass Einzelhaltung nicht artgerecht ist, mittlerweile Verbreitung und Anerkennung findet, ist die Entwicklung bei Zwerghamstern rückläufig.
Die bei uns gängigen Zwerghamsterarten stehen alle unter dem Verdacht, genauso eremitisch zu sein, wie ihr großer Vetter, der Goldhamster (Mesocricetus auratus). Leider ist das nur die halbe Wahrheit.
Dsungarische Zwerghamster (Phodopus sungorus), Campbell-Zwerghamster (Ph. campbelli), Roborowski-Zwerghamster (Ph. roborovskii) und auch der Chinesische Streifenhamster (Cricetulus griseus) sind in der Natur ganz im Gegensatz zu Goldhamstern nämlich keine kategorischen Einzelgänger. Vielmehr leben Paare das halbe bzw. ganze Jahr über zusammen mit Jungtieren der letzten beiden Würfe in einem Bau, legen gemeinsame Futterdepots an und verbringen Ruhephasen in einem gemeinsamen Nest.
Als die ersten Zwerghamster in deutschen Zuchten vermehrt wurden, war eine Haltung in solchen Gruppen durchaus noch üblich. Später sind durch viele Einflüsse (Haltungsbedingungen, Zuchtauslese) große Unterschiede zwischen verschiedenen Stämmen aufgetreten. Schmidt (1980) beschreibt Streifenhamsterweibchen, die ihre Männchen attackieren und töten während es Stämme gibt, bei denen Männchen und Weibchen dauerhaft friedlich zusammenleben und empfiehlt, nur noch Tiere aus letzteren Stämmen zu kaufen und nur mit sozial verträglichen Tieren zu züchten.
Leider trifft man heute auf Beispiele in denen genau gegenteilig gehandelt wird. Wurfgeschwister werden getrennt, bevor sie überhaupt zu streiten beginnen, oft befinden sich die Jungtiere sogar noch in der Spielphase. Campbell-Zwerghamster werden in einigen Internetforen mit Dsungaren über den gleichen Kamm geschert und Campbell-Besitzer_innen werden von anderen User_innen massiv darauf hingewiesen, dass Gruppenhaltung "nicht artgerecht" sei. Selbst eine Campbell-Züchterin die nur Einzeltiere hält und Jungtiere nur in Einzelhaltung abgibt ist mir schon untergekommen. Durch diese Praxis, in der es keine Zuchtauslese nach Sozialverhalten gibt, ist die Produktion und genetische Manifestation von dissozialen Eigenbrötlern vorbestimmt.
Sicherlich soll dieser Artikel kein Aufruf sein, Einzelhaltung sofort und konsequent abzuschaffen. Das würde zu dem Ergebnis führen, vor dem in manchen Büchern und sämtlichen Tierforen gewarnt wird: Stress, Verletzungen, Todesfälle und unkontrolliert produzierter Nachwuchs.
Vielmehr soll bewusst werden: Die Einzelhaltung von Zwerghamstern ist zwar für den Menschen einfacher umzusetzen, jedoch nicht unbedingt das Beste für den Hamster. Untersuchungen belegen,
dass Zwerghamster sehr wohl über ein ausgeprägtes Sozialverhalten verfügen, das sie in Einzelhaltung nicht zeigen können. Soziale Kontakte, sind auch für die Gesundheit der Tiere
unersetzlich: sie lösen die Ausschüttung von Hormonen aus, die den Tieren helfen, mit Stress besser umzugehen. Hierzu: Studie über verbesserte Wundheilung bei Gruppenhaltung
Wie also vorgehen?
Eine erfolgreiche Paar- oder Gruppenhaltung beginnt bei dem_der Züchter_in. Er_sie sollte die Jungtiere eines Wurfes möglichst lange zusammen lassen und die Tiere, die schon mit wenigen Wochen aggressiv gegen ihre Geschwister werden, aus der Zucht ausschließen. Die Haltung eines Paares mit Jungtieren kommt zwar den natürlichen Begebenheiten von Zwerghamstern am nächsten, ist jedoch in der Heimtierhaltung kaum durchführbar. Dauerschwangere Weibchen und dutzende Jungtiere im Jahr sind aus Tierschutzgründen nicht vertretbar. Deshalb ist die Haltung zweier gleichgeschlechtlicher Tiere vorzuziehen.
Während zwei Wurfgeschwister sich meist von Anfang an verstehen, müssen fremde Tiere erst langsam aneinander gewöhnt werden. Dies geschieht am besten auf neutralem Boden: Also im abgesicherten Zimmer, in der Badewanne oder einem Käfig, der keinem der beiden Tiere bekannt ist. Der Prozess der Vergesellschaftung kann lange dauern und muss ständig überwacht werden. Nach einem Tag oder vielleicht auch erst zwei Wochen kennen sich die Tiere, wissen sich einzuschätzen und können in ein gemeinsames Heim überführt werden.
Leben zwei oder mehrere Hamster zusammen, muss die Größe und Einrichtung des Käfigs an die Haltungsform angepasst werden: Die Tiere brauchen viel Platz und viele Unterschlüpfe um sich bei Streitigkeiten aus dem Weg gehen zu können. Kleine und schlecht strukturierte Käfige verursachen Stress und lassen das Unternehmen "Gruppe" scheitern. Das elementare Laufrad wird zwar oft gemeinsam und gleichzeitig benutzt, kommt es hier jedoch zu Rangeleien, weil ein Tier die Besitzverhältnisse klarstellen will, sollte ein zweites Laufrad angeboten werden.
Wichtig ist immer auch die Beobachtung und stete Wachsamkeit gegenüber dem Verhalten der Tiere. Oft hört man von Zwerghamstern die den Artgenossen töten mit dem sie zuvor lange Zeit friedlich zusammen gelebt haben. Dieses oft unerklärlich scheinende Verhalten bahnt sich jedoch schon lange vorher an, weshalb der_die Halter_in immer sensibel sein und bei imponierenden Männchen oder sich anschreienden Weibchen besondere Vorsicht walten lassen sollte.
Nichtsdestotrotz: Paar- und Gruppenhaltung kann auch scheitern und wenn der Grund nicht bei einem einzelnen Tier zu finden ist, das sich asozial verhält, sollte man zur Einzelhaltung zurückkehren und es zumindest bei den beteiligten Individuen dabei beruhen lassen. Der Fall des Scheiterns sollte also immer im Hinterkopf bleiben und es sollten stest Kapazitäten vorhanden sein, die eine Einzelhaltung aller ehemaligen Gruppenmitglieder gewährleistet.
Schmidt, G. (1980): Mäuse, Ratten, Streifenhamster. Lehrmeister Bücherei
Sozialverhalten bei Phodopus-Arten
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Fabian (Sonntag, 06 Juni 2010 10:15)
Bei jeder neuen Campbell-Zwerghamster-Generation versuchen wir wieder, die Hamster in der Gruppe zu halten. Wie du schon schreibst, fängt das beim Züchter an. Wenn dort die Grundsteine nicht gelegt sind und Hamster beispielsweise viel zu früh abgegeben werden (ohne eine "soziale Ausbildung" von der Mutter erhalten zu haben), muss die Gruppenhaltung eigentlich schiefgehen. Wichtig sind auch Käfiggröße, mehrfaches Vorhalten von Zubehör wie Läufrädern und Häuschen...
Wir haben es in Foren selbst schon erlebt, dass man als Tierquäler beschimpft wird, wenn man schreibt, dass man Campbells zusammen hält. Dabei ist es nicht mal schwierig, entsprechende Studien, Beiträge in Foren und Blogs, auf Webseiten oder auch in guten Büchern zu finden, die belegen, dass Campbells grundsätzlich in der Gruppe gehalten werden können und dass Gruppenhaltung auch für die Gesundheit der Tiere von Vorteil sein kann. Immer unter bestimmten Bedingungen.
Wichtig ist, dass man bei einer Gruppenhaltung die Zeichen möglicher Eskalationen rechtzeitig erkennt und dann auch wirklich reagiert. Hamster, die sich totbeißen, streiten sich meiner Meinung nach nicht erst seit gestern und ohne Grund...
Giuliano (Montag, 09 Januar 2012 20:53)
Hallöchen!
Ich hätte mal eine kleine Frage.
Wie viele Hamster darf man maximal in der Gruppe halten und wie groß muss dann der Käfig sein ?
Falls diese Frage zu beantworten ist schonmal danke im voraus.
Mfg:Giuliano